Hanna Meyer, Gärtnerei Levkoje und der Generationengarten

Eingang zum Wohnhaus der Alten Gärtnerei von Hanna Meyer

Ankommen in Suderbruch bei Hanna Meyer in der Gärtnerei Levkoje.

Die Gärtnerei Levkoje in Suderbruch ist die einzige Gärtnerei, die ich auf der FB-Reise in die Lüneburger Heide für meine Gruppe im Programm habe. Heute, am Montagmorgen, treffen wir uns direkt vor der Gärtnerei in Suderbruch, einem Heidedorf, das zur Gemeinde Gilten in der Samtgemeinde Schwarmstedt gehört. Die paar hundert Einwohner sehen tatsächlich schon am Morgen, wer am Nachmittag zu Besuch kommt, denn die gesamte Gemarkung hat nur einen Höhenunterschied von drei Metern. Ein Lydit-Flachbeil aus der “Trichterbecherkultur” innerhalb der Jungsteinzeit, mehrere tausend Jahre vor Christus zeigt, dass der Ort schon vor langer Zeit bewohnt war. Im Calenberger Urkundenbuch ist es dann, dank der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 1240, amtlich. Die Wölper Grafen ließen für Zisterzienser Nonnen das Kloster Voren-Hagen erbauen, verlegten sie jedoch 1215 nach erst 40 Jahren zum Kloster Mariensee. Nur noch der ehemalige Klostersee, die Mönchskuhle ist geblieben.

Die St. Katharinen-Kirche, mit einer Furtwängler-Orgel, ist bereits der dritte Sakralbau an gleicher Stelle. Die Husaren-Eiche, ein Naturdenkmal, geht auf das Jahr 1630 zurück. Im Kringwald ist der ehemalige Thingplatz, eine germanische Gerichtsstätte. Zwei Motten, das sind kleine, runde Schutzwälle, gibt es genauso in Suderbruch, wie den Dreikreisestein. Die ehemaligen Rötelkuhlen zum Flachseinweichen und Flachsbrechen, sowie die Schafskuhle, die vom Sandabbau für die Reichsstraße stammt, findet man hier auch. Was der kleine Ort nicht mehr hat, ist ein Lebensmittelladen, der letzte schloss 1973 und eine Gastwirtschaft, das “Dreimädelhaus” öffnet seit 1995 seine Tür nicht mehr für die Dorfbewohner.

Dafür gibt es aber noch die Gärtnerei LEVKOJE und Hanna Meyer! Sie steht schon im Eingangsbereich, zusammen mit einem jungen Mann, um uns zu begrüßen. Wir kommen nur zögerlich näher, weil wir uns am üppigen Hochsommerbeet, das sich von der Auffahrt in einer starken Linkskurve bis vor den Hauseingang biegt, gar nicht satt sehen können. Die Indianernesseln und Herbstanemonen fühlen sich hier offensichtlich wohl. Aber die farbenfrohen Phloxe mit Sorten wie: ‘Blue Paradise’, ‘Düsterlohe’, ‘Kirchenfürst’, ‘Laura’, ‘Bright Eyes’, ‘David’, ‘Miss Pepper’, ‘Hesperis’, ‘Donau’, ‘Jana’ ‘Württembergia’ und anderen ziehen alle Blicke auf sich. Endlich gehört unsere Aufmerksamkeit Hanna und Jens-Peter und wie Ihr sehen und hören könnt, wenn Ihr den Ton laut stellt und auf das Video klickt, erzählt uns Hanna sogleich von ihrer Gärtnerei:

Bereits beim ersten Besuch von Hanna und ihrem Mann am 13.08.1977 verliebten sich die Beiden in dieses Grundstück. Noch am gleichen Tag, es war ihr 4. Hochzeitstag, entschieden sie sich dafür, das Haus zu kaufen. Nach der Renovierung Ostern 1978 zog die Familie ein. Im Nachbarhaus fanden die Kinder dann auch Spielgefährten, darunter Ria, mit denen sie praktisch zusammen aufwuchsen.

Während Hanna weitererzählt, gehen wir an der Seite des Hauses und der Scheune vorbei. Auffällig sind die Agapanthus-Töpfe, die im kleinen Seitengarten stehen. Es sind blau blühende Andenken an Hannas Eltern und die weißen Blüten erinnern an ihren Aufenthalt in Madeira.

Die Gärtnerei und der anschließende Natur-Schaugarten

Schon als 13-jährige steckte Hanna in einer Gärtnerei Stecklinge und war sich sicher, dass sie Gärtnerin werden würde. Das Gartenbaustudium in Osnabrück brachte ihr viele neue Impulse und erweiterte ihre Sichtweise auf den gewünschten Beruf. Dort lernte Hanna auch ihren Mann kennen.

Die Liebe zu ihrem Beruf steckt auch heute noch, obwohl Hanna schon seit Jahren Rentnerin ist, tief in ihr drinnen. Sie hat das Arbeitspensum zurückgeschraubt, das Gärtnerei-Gelände sehr verkleinert und die Zusammenarbeit mit Bioland aufgegeben, aber im Rahmen des Erlaubten und gesundheitlich möglichen, möchte Hanna gerne so lange wie irgend möglich weitergärtnern. Aber so weit sind wir ja noch gar nicht. Erst einmal muss die Gärtnerei eröffnet werden! Darüber erzähle ich gleich. Davor gehe ich zum Gewächshaus, in dem ich zu meinem Entzücken einen panaschierten Agapanthus entdecke, den ich sofort kaufe. Dahinter öffnet sich der Blick in den Schaugarten, was für eine Wohltat für Augen und Gemüt.

Als erstes laufe ich den Gewächshausweg entlang, der mich zu einer Art Monet-Bogen bringt, unter dem sich ein gemütlicher Sitzplatz befindet. Danach zieht es mich mit aller Macht zu einem großen, begehbaren Staudenkreis.

Aber ich versprach ja, über die Entstehung der Gärtnerei zu erzählen. Im Jahre 1985 pachtete eine 4 Personen-Gruppe im Dorf eine Hofstelle mit 3 ha Land für Bioanbau. Da die Vier zu unterschiedliche Vorstellungen zur Betriebsentwicklung hatten, wurden nach zwei Jahren daraus 3 Einzelbetriebe. Hanna half damals häufiger mit und nachdem 1990 zwei Leute ausgestiegen waren, fiel bei ihr, während sie Möhren bündelte, die Entscheidung, selbständig zu werden und einen Anteil, der einen großen Folientunnel und mehrere kleine Tunnel beinhaltete, zu übernehmen. Im Oktober 1990 begann die Gärtnerei von Hanna Meyer als Bioland-Gärtnerei zu agieren. Gemüse und Schnittkräuter wurden für Berliner Bioläden produziert, in den kleinen Tunneln zog Hanna Schattenstauden.

Verbascum nigrum – Hemerocallis ‘By Myself’ Sämling – Solidago virgaurea

1992 übernahm der letzte Kollege der anfänglichen Vierer-Gruppe an anderer Stelle eine Gärtnerei. Da er seine Gewächshäuser nicht mitnehmen wollte, kamen sie in den Besitz von Hanna Meyer. Eines davon, ich bin daran entlanggelaufen, steht noch heute. 1995 kam die Hiobsbotschaft, dass der Hofbesitzer sein Eigentum verkaufen wird und Hanna das unterverpachtete Gelände bis zum Jahresende räumen muss. Die naheliegendste Lösung, nämlich das Grundstück hinter dem Haus von Familie Meyer von der Nachbarin, Rias Mutter, zu kaufen, schien erst nicht möglich. Die Suche nach einer neuen Hofstelle irgendwo in Niedersachsen, erwies sich durch die schwere Krankheit von Hannas Mann, als überaus schwierig. Letztlich gab es doch noch die Möglichkeit, das Land, das früher schon einmal zum Haus gehört hatte, wieder zu bekommen und vom Nachbarn 2 ha Land zu pachten. Bis zu diesem Zeitpunkt waren sowohl Hannas als auch die Nachbarseite eine Kuhweide.

1996 war ein Schicksalsjahr für die Familie Meyer. Die Gärtnerei zog mit den Folientunneln um, die 1995 abgebaut und auf Hannas Grund im Frühjahr 1996 wieder nach und nach aufgebaut wurden. Neu entstand eine Zufahrt, um auch hinten auf das Gelände zu kommen. Ab 1996 firmierte die Gärtnerei als Bioland-Gärtnerei Levkoje. Für den jüngsten Sohn begann 1996 das Studium, während der Älteste wieder für einige Zeit bei seinen Eltern einzog, um seine Mutter bei der Pflege seines Vaters zu unterstützen. Im Dezember 1996, mit nur 50 Jahren, starb Hannas Mann.

Wenn ich an den Unmengen Artemisia und Fenchel, an denen es permanent summt und brummt, vorbeigehe und dann vor dem großen Staudenkreis stehe, dann spüre ich, dass Hanna nicht allein ist, sondern sie, vor allem im Garten, immer vom guten Geist ihres Mannes begleitet wird.

Es dauerte verständlicherweise eine Weile, bis die Gärtnerin durchstarten konnte. Auf der Pachtfläche befanden sich die Folientunnel für die Schattenstauden, außerdem Stellflächen für die Verkaufs-Stauden. Die heutige Wiese war das Quartier der Mutterpflanzen. Die meiste Arbeit stemmte Hanna allein. Während der Saison von März – Oktober, halfen ihr vormittags stundenweise 2 – 3 Mitarbeiter.

Im Jahr 2016 hörte Hanna mit dem professionellen Gemüseanbau auf und gab das gepachtete Land zurück. Die Gärtnerei läuft in stark reduziertem Umfang als Gärtnerei Levkoje auf Hannas Grund weiter und ist seit Ende 2022 kein Bioland-Betrieb mehr. Als Rentnerin schraubte sie ihre Produktionsfläche auf unter 2500 qm herunter. Die Stammkundschaft ist ihr bis heute treu geblieben und die Offene Pforte im Mai und Juli wird gerne von Besuchern wahrgenommen. Für Gruppen, wie meine FB-Traumgarten-Gruppe, ist diese Gärtnerei mit ihrem Naturschaugarten eine absolute Offenbarung. Wir sind Alle restlos begeistert.

Hanna Meyer war immer wissbegierig und interessiert, so dass sie ab 1998 mehrere Ausbildungen absolvierte, die sie als große Bereicherung ihres Lebens empfindet. Die Erinnerung an ihre mehrjährige Geomantie-Ausbildung mit vielen Seminaren an den verschiedensten Orten und dem Abschluss auf der Insel Gozo begeistert sie heute noch. Die Nachbarin, die junge Ria, war zu dieser Zeit öfter ihre Urlaubsvertretung. Nach dieser Ausbildung gab Hanna ihr erworbenes Wissen mit Jahreskursen, 5 Wochenenden im Jahr, weiter.

Es folgte eine weitere Ausbildung an der Heilpflanzenschule in Schafwinkel, woraus sich ergab, dass sie dort Kräuterkunde und Räuchern unterrichtete. Über 10 Jahre gab es jedes Jahr zwei Wochenendkurse zum Thema “Kräutermanufaktur”. Ein Kurs pro Jahr fand immer direkt in Hannas Gärtnerei statt. Zusätzlich bot sie Kurse im Betrieb an: Kräuterküche, Herstellung von Kräuterölen, Seifen sieden, Räuchern, usw.. Dafür wurde dann auch das eigene Sortiment an Heilpflanzen und Kräutern in der Gärtnerei vergrößert und angepasst. Ria war bei einigen Veranstaltungen immer dabei. Seit 25 Jahren ist Hanna bei Ökoplant Mitglied und hat schon mehrere Exkursionen für den Verein organisiert. So vergingen mehrere Jahrzehnte für Hanna, angefüllt mit viel Arbeit, mit einer Menge neuer Erfahrungen und Erkenntnissen. Sie empfindet das dankbar als “eine Zeit der Fülle”.

Ein imaginärer Zaun zwischen Storchennest und Birnbaum

Der Schaugarten hinter der Gärtnerei besitzt eine magische, dabei aber gleichzeitig sehr natürliche Schönheit. Etwas anderes besitzt er aber nicht – nämlich einen Zaun zum Nachbarn. Ich bin inzwischen schon mehrfach zwischen den beiden Gartenteilen hin- und hergewandert und fotografiere mal in die eine, mal in die andere Richtung.

Stimmig ist das gesamte Gelände. Als mir Jens-Peter vor die Linse läuft, frage ich ihn, wo denn Hannas Bereich endet. Mit einer vagen Handbewegung bedeutet er mir, dass das Storchennest hinter der Wildblumenwiese eine Begrenzungsmarke sei. Dann wendet er sich um in die andere Richtung, zeigt auf einen alten Birnbaum in der Nähe von Hannas Gewächshaus und meint, das wäre dann das andere Ende des nicht vorhandenen Zauns. Ich finde das großartig und muss jetzt doch noch etwas über Ria und Jens-Peter erzählen. Ria erwähnte ich ja schon mehrfach.

Ria Duensing ist also nebenan aufgewachsen. Ihr Vater kaufte das Haus 1976, bis dahin diente es als Dorfschule. Ria war wie Hanna auch schon als Kind von der Farbe “Grün” infiziert und wollte immer in der Gärtnerei mitarbeiten. Später studierte sie in Hannover Gartenbau und landete genauso im Gärtnerberuf wie ihr Freund Jens-Peter.

2013 kehrte Ria in ihr Elternhaus zu Mutter und Schwester nach Suderbruch zurück und brachte ihren Lebensgefährten Jens-Peter mit. Nachdem Hanna 2016 die Pachtflächen geräumt hat, begannen die Nachbarn mit ihren eigenen Pflanzungen. Der Naturschutzgedanke auf beiden Flächen und ein guter Umgang miteinander, führten dazu, dass der Besucher grenzenlos von einem Gartenteil zum anderen gehen kann. Rias und Jens-Peters Garten ist bei der offenen Pforte und für angemeldete Besuchergruppen immer zugänglich.

Obwohl Ria und Jens-Peter als Gärtner in verschiedenen Betrieben arbeiten, so sind sie doch mit vollem Herzen in ihrem Garten dabei. Dabei gibt es eine gute Verteilung der Schwerpunkte. Ria hat einen Gemüsegarten und liebt es in ihm zu ernten. Aber sie sammelt auch das reife Obst und die Beeren von den Gehölzen im Garten ab. Jens-Peter frönt seiner Leidenschaft für Stauden. Ab und zu bekommt er da aber schon mal Konkurrenz von Ria, wenn sie sich z. B. um ihre Iris kümmert.  

Je näher man an das Haus kommt, umso tierischer geht es zu. Nicht nur die Hühner sind in Hochstimmung, als wir hier sind. Mich interessieren aber noch mehr ein Hochbeet mit Moorpflanzen und daneben eine hohe Benjeshecke, an deren Ende ein amüsanter Holzpfahl auf die Gartenregeln aufmerksam macht. Dass mich das erfolgreich vom Kompost ablenkt, der dahinter verborgen ist, merke ich erst, als ich mich schon abwenden möchte, um noch schnell meinen Agapanthus aus dem Gewächshaus zu holen und ein paar letzte Worte mit Hanna zu wechseln.

Völlig unabhängig von der Generation verbinden die garten- und pflanzentechnischen Vorstellungen und Vorlieben, sowie der ökologische Gedanke das offene, harmonische Nebeneinander der beiden Gärten. Jeder ist seinen eigenen Weg gegangen und irgendwann fand dieses Miteinander ohne Zaun, nur mit der symbolischen Luftlinie zwischen Storchennest und Birnbaum, eine wunderbare, natürliche Symbiose für Mensch, Tier und Pflanze.

Liebe Hanna, ich möchte Dir, Ria und Jens-Peter ganz herzlich danken, dass Ihr mich und meine FB-Gruppe “Traumgärten erleben” so freundlich und engagiert aufgenommen habt. Für die Erlaubnis, Eure Gärten und die Gärtnerei in Wurzerlsgarten vorstellen zu dürfen, bin ich sehr dankbar. Es war für mich eine der besonderen Gartenerlebnisse, Dich liebe Hanna, kennenlernen zu dürfen. Darum schließe ich diesen Beitrag mit Deinem so positiven, nach vorne blickenden Sprichwort:

“Leben heißt Veränderung!” sagte der Stein zur Blume und flog davon.

Gärtnerei LEVKOJE, Hanna Meyer

Adresse: PLZ 29690 Suderbruch, Zum Heuland 6

Kontakt: Tel.: 05074587 E-Mail.: hanna.meyer.heuland@gmx.de

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