Der Rosengarten von Anita Böhm-Krutzinna in Frielendorf

Rosa 'Marguerite Hilling', Rosengarten Anita Böhm-Krutzinna

Ankommen in Frielendorf, im verwunschenen Rosengarten von Anita Böhm-Krutzinna

Ländlich, idyllisch und mit der Natur im Reinen, so zeigt sich die Landschaft des nordhessischen Schwalm-Eder-Kreises unmittelbar vor Frielendorf. Als wir im Ortsteil Toden aussteigen, setzt sich dieses Bild unvermittelt im Rosengarten von Anita Böhm-Krutzinna fort.

Der Marktflecken Frielendorf ist ein staatlich anerkannter Luftkurort am Nordwestrand des Knüllgebirges, das zum sogenannten Rotkäppchenland gehört. An den ca. 150 Jahre lang andauernden Braunkohle-Bergbau und die damit verbundene Brikettherstellung, die bis in die 1960er Jahre angedauert hat, erinnert heute nur noch der Silbersee, der aus einem großen Tagebaurestloch entstanden ist. Der drastische Strukturwandel, von Bergbau und Industrie zum Fremdenverkehr, scheint gut gelungen. Ulrike und ich können das bäuerliche Anwesen im Frielendorfer Ortsteil Todenhausen nicht verfehlen, da hier nur etwa 590 Einwohner leben. Wir werden in den großen Innenhof geleitet, der für den Agrar-Fuhrpark des ehemaligen Bio-Bauernhofes unerlässlich war und schon beginnt die stürmische Begrüßung mit Streicheln, Ärmeln und Bäuchlein kraulen.

Rosa ‘Dresdner Barock’ – Rosa ‘Frau Eva Schubert’ – Clematis ‘Piilu’

Nein, natürlich gilt die stürmische Begrüßung nicht Anita, sie ist heute leider nicht so gut zu Fuß, stützt sich auf eine Gehhilfe und wird von uns ganz vorsichtig in den Arm genommen. Es ist Sputzi, der Hund, der Ulrike und mich gerade vollauf beschäftigt. Auch wenn er keine Eier legen kann, wie Anitas sieben Hühner, so ist er, gleich nach ihren entzückenden Enkelinnen, doch ein Star hier. Wir schlendern über den Hof zum eigentlichen Garteneingang. Ein breiter Rasenweg leitet uns zu den ersten Rosensträuchern, die in einem Keil zwischen zwei Gebäuden ein geschütztes Zuhause gefunden haben.

Die duftende Rose ‘Dresdner Barock’, neigt sich mir entgegen. Die Züchtung von Hartmut Hackl aus Dresden entstand aus einer Kreuzung von Rosa ‘Single Red’, einer Pimpinellifolia als Mutterpflanze und Rosa roxburghii normalis, der Kastanien-Rose, als Pollenspenderin. Die robuste Rose bekommt häufig orangene Stellen, die durch einen Pilz hervorgerufen werden. Vor allem an den Blütenkelchen dieser Rosensorte auftretend, entsteht für die Pflanze keine Beeinträchtigung, ich finde diese Veränderungen spannend. Daneben wächst an einem Ständer Rosa ‘Frau Eva Schubert’ (Tepelmann, 1937). Dieser rosa Traum ist ein wunderbarer Rambler, öfter blühend und gesund. Auch wenn Anitas erste Liebe ihren Rosen gehört, so vergisst sie nicht, deren Schönheit mit dem passenden Hofstaat, hier Clematis ‘Piilu’, noch zu unterstreichen.

Die Pfingstrose, Paeonia ‘Dancing Butterfly’ strengt sich sehr an, mit der Pracht der Rosen einigermaßen mitzuhalten. Es gelingt ihr zuerst ganz gut, aber dann fällt mein Blick auf eine interessante Sichtachse. Einige mächtige Rosensträucher neigen sich in den Rasen hinein so einander zu, dass ein natürlicher Durchlass mit einladendem Durchblick entstanden ist. Reizvoll wird die Sichtachse von einem Gartenhäuschen, als Fachwerk ausgeführt, begrenzt. Beim Zurückschauen in den Eingangsgarten würdige ich noch einmal die Pfingstrose, die mich verführerisch anlächelt und mir nachzuwinken scheint.

Der Rosengarten öffnet sich

Es ist schwer vorstellbar, dass es hier ursprünglich keine Rosen, sondern einen reinen Selbstversorgergarten gab. Anita führte ihn eine Zeitlang so weiter, obwohl sie mit ihrer Arbeit als Biobäuerin, die mit großem Spaß Traktor gefahren ist und die Kühe versorgt hat, sicher genug ausgelastet war. In den neunziger Jahren, als die Töchter erwachsen wurden und zeitgleich Anitas Mutter und Tante die Arbeit im Garten aufgeben mussten, übernahm sie den Gemüsegarten. Nachdem Anita neben ihrer Arbeit auf dem Hof auch begann ihre Tante und später die Eltern zu pflegen, beendete sie den Gemüseanbau. Diese Arbeit war nicht mehr zusätzlich zu schaffen.

Schon als junge Frau interessierte sich Anita für Rosen und träumte davon, einen geheimen, verwunschenen und etwas wilden Garten mit hohen, duftenden Strauch- und Kletterrosen zu haben. Jetzt war es so weit, Anitas Traum begann nach und nach Wirklichkeit zu werden. Heute ist die ehemalige Biobäuerin in Rente und es sind insgesamt etwa zweihundert verschiedene Rosensorten, die Anita nach und nach gepflanzt hat.

Die ersten Strauchrosen, die den Besucher in den Garten geleiten, zeigen teilweise schon Anitas Vorliebe für Alte Rosen mit natürlicher Ausstrahlung. Da die Rosenliebhaberin auch die Hagebutten ihrer oft nur einmalblühenden Rosen liebt, dürfen sie sich so ausladend gebärden, wie hier im Durchgangsbereich. Die Rose ‘Marguerite Hilling’, ist ein Sport der Rose ‘Nevada’. Sie schickt ihre reichlichen, übergroßen Schalenblüten mindestens zweimal jährlich ins Rennen. In der Nähe blüht die Rose ‘Eliska Krasnohorska’, sie ist nach einer bekannten tschechischen, feministischen Schriftstellerin benannt. Diese remontierende Rose wird über zwei Meter hoch, ist etwas empfindlich gegen Sternrußtau, aber entschädigt Anita mit Blüten, die den himmlischsten, stärksten Duft in ihrem Garten haben.

Es stellte sich als gute Wahl heraus, im schweren Lehmboden einen Rosengarten anzulegen. Anitas Wunsch, dem pflegeaufwendigen Gemüsegarten etwas entgegenzusetzen, das ihr die Zeit gab, sich um ihre Angehörigen zu kümmern, erfüllte sich schnell, da sie die Rosen und anderen Gehölze mit einer dichten Unterpflanzung versah. Ihre Lieblingsstaude ist dabei das Lungenkraut, aber es finden sich auch Porzellanblümchen, verschiedene Storchschnäbel, Wollziest und vieles mehr zwischen den Gehölzen. Wichtig war Anita auch, den Garten mit blühenden Sträuchern einzufassen, etwa Fasanenspieren oder dem Pfeifenstrauch. Das dient nicht nur einer geschützten Privatsphäre und dem Kleinklima, sondern ist auch als zusätzliche Nektarquelle gefragt. Die Wege besitzen, dank des Gebrauchs von Holzhäckseln einen natürlichen, waldnahen Charakter. So entstand ein durch und durch umweltverträglicher, insekten- und vogelfreundlicher Rosengarten, mit einer guten Mischung aus historischen und modernen Strauch- und Kletterrosen.

Hinter dem Durchgang verbreitert sich der Rasenweg und führt rechts zu einer großen Obstbaum-Wiese. Auf dem Weg dorthin stehe ich vor dem offenen, aber überdachten Brennholz-Depot. Hinter der dort stehenden Rosa ‘Soul’, verbirgt sich eine Auffangregentonne. Die Rose ‘Soul’ liebt ihren feuchten Standort neben der Regenrinne so, dass sie völlig vergisst, dass sie eigentlich eine Strauchrose ist, sie hat wohl in der Ferne am Rosenbogen die ‘Lykkefund’ entdeckt und will sich als Rambler versuchen. Auch Sputzi liebt diesen Platz sehr und schaut interessiert, was ich hier wohl tue. Für weitere Streicheleinheiten habe ich während dem Fotografieren leider keine Zeit Sputzi.

Von der Wiese gehe ich erneut an der Rosa ‘Soul’ vorbei, bis ich zu einer “echten” Kletterrose Rosa ‘Crimson Conquest’ komme, die von ihrer Schönheit so überzeugt ist, dass sie in der Nähe des Gartenhäuschens einen Baum erklimmt. Ich bin sofort Feuer und Flamme bei dieser rassigen, samtig dunkelroten Blüte, die nicht nur einen fruchtigen Duft besitzt, sondern auch sehr gesund ist und eine leichte Nachblüte anbietet.

Dann stehe ich vor der wüchsigen Rosa ‘Mme Alfred Carriere’. Sie bietet alle Vorteile, die eine typische Noisette-Rose besitzen kann. Die langen dünnen Triebe sind fast stachellos. Sie verträgt Halbschatten, bildet viele halbgefüllte Blüten mit einem wunderbaren fruchtig, zitronigen Duft. Die Noisette-Rosen, auch Rosa indica noisettiana genannt, entstanden in einer züchterischen Meisterleistung Anfang des 19. Jahrhunderts in den USA. Es waren die ersten öfter blühenden Kletterrosen. Rosa ‘Mme Alfred Carriere’ verdankt ihren Eigenschaften eine Sonderstellung im Garten. Sie ist nämlich genau die Rose, welche Anita auf eine einsame Insel mitnehmen würde.

Die Clematis ‘Ville de Lyon’ wächst direkt am Gartenhäuschen hoch. In der Nähe ist die Englische Rose, Rosa ‘Vanessa Bell’, die David Austin 2017 eingeführt hat. Sie ist ein mittelhoher, weiß-gelblich dauerblühender Strauch, den Anita schätzt, da er sehr gesund ist und duftet.

Vom zentral stehenden, bezaubernden Fachwerk-Gartenhäuschen gehe ich jetzt weiter zur anderen Seite. Dort ist die Spielwiese für Groß und Klein. Während beim Nachwuchs die Schaukel und der Sandkasten gefragt sind, halten sich die Erwachsenen gerne am Sitzplatz am Rasenende auf. Dahinter und rechts beginnt der “Rosen-Dschungel”, so wie ihn sich Anita bei der Planung vorgestellt hat. Beim leisesten Lüftchen erreicht der Dufthauch der Rosen auch die Kaffeetafel. Mich verlockt das natürlich, gleich ein paar Schritte in das Rosenrefugium hineinzugehen.

Rosa ‘Kir Royal’ – Rosa ‘Nevada’ – Rosa ‘Golden Celebration’

Schnell werde ich von den übermannshohen Strauchrosen und Kletterrosen verschluckt. Immer wieder suche ich mir schöne Blüten aus und verewige sie in einem Fotoporträt. Zuhause beginne ich zu zweifeln, ob das der richtige Weg ist, dem Rosengarten von Anita Böhm-Krutzinna gerecht zu werden. Nie habe ich zuvor so viele Fotoanfragen nach Pflanzennamen gestellt wie hier. Anita kennt ihre Schützlinge und darum kann ich auch keine Namensschilder fotografieren, sie existieren nämlich nicht! Trotzdem kommt auf jede meiner rekordverdächtigen 19 Mails immer die prompte Antwort. So habe ich also hier Rosa ‘Kir Royal’ vor mir, eine kräftige Kletterrose, die allerdings nur spärlich nachblüht. Rosa ‘Nevada’, die große, remontierende Strauchrose ist recht auffällig mit ihren großen, weißen, früh und reichlich erscheinenden Blüten. Anita denkt inzwischen, dass sie eine Einzelstellung verdient gehabt hätte. Die öfter blühende, duftende Rosa ‘Golden Celebration’ ist von Austin 1992 in den Handel gebracht worden.

Die Austin-Rose, Rosa ‘Gertrude Jekyll’, liebt Anita für ihren Duft nach Damaszenerrosen. Die Rosa ‘Lykkefund’ wächst stachellos am Rosenbogen und kann dadurch von Anita gut gebändigt werden. Davor gedeiht die wunderschöne Gallica Hybride Rosa ‘Complicata’.

Keine der 200 verschiedenen Rosensorten steht in Anitas Garten einfach so da. Jede hat ihre eigene Geschichte. Oft ist neben der Gesundheit und Schönheit einer Rose ihre Entstehung, oder die Namensgebung ausschlaggebend für den Kauf. Für Anita ist es eine meditative Tätigkeit Pflanzen herauszusuchen, sie kennenzulernen und wenn sie überzeugt von ihnen ist, sie zu bestellen. Wichtig ist ihr auch, von wem eine Rosensorte kommt. So besitzt sie genauso Sorten vom ehemaligen Hofgärtner Schwarzkopf aus Kassel wie von Felicitas Svejda aus Kanada, die sie Beide sehr bewundert. Manche Wünsche erfordern Geduld. Auf Isabella Prestons Rosa ‘Patricia Macoun’ wartete Anita 2 Jahre!

Ich habe mich zurück zum Rasen in Tischnähe begeben und stolziere völlig unprofessionell mit der Kamera im Hintergrund der Video-Aufnahme herum. Man muss kein Detektiv sein, um mich dabei zu ertappen. Ulrike nimmt gerade das Video auf. Klickt gerne auf das Bild und vergesst bitte nicht, den Ton laut zu stellen.

Das Wohnhaus und der Garten sind seit fast 400 Jahren im Besitz der Familie. Es ist eine gute Tradition, dass mehrere Generationen hier zusammenleben. Der Garten ist inzwischen ein Paradies für Alle geworden. Selbst die Kleinen schätzen ihn bereits sehr, das liegt auch am Sandkasten und der Schaukel, aber genauso an den wunderbar duftenden Rosen und wohlriechenden Kräutern, die man bei Expeditionen mit Oma Anita entdecken kann. Die kleinere der Enkelinnen ist gerade stolz von ihrem ersten Besuch im Waldkindergarten zurückgekommen und plappert munter darauf los.

Anita Böhm-Krutzinna hält international Vorträge, schreibt für Fachzeitschriften und veröffentlicht ihre eigenen Bücher

Als ich an den Tisch herantrete, sehe ich Anita und Ulrike über ein Buch gebeugt. Nur mit Hilfe von Schablonen kann Ulrike die kleinen, versteckten Porträts der Maler und die Geheimbotschaften in den Bildern nachvollziehen. Das ist eine spannende Geschichte, die sie in ihrem Buch: “Geheimminiaturen von Salomon Pinhas bis Leonardo da Vinci” zusammen mit Friederike Krutzinna beschrieben hat.

Nachdem Anita mit einigen Freundinnen bereits erfolgreich Kurzgeschichten veröffentlicht hatte, begann sie über Rosen und die dazugehörigen Menschen zu schreiben. Das erste Buch über den Hofgärtner Daniel August Schwarzkopf, dem wohl ersten europäischen Rosenzüchter und über Salomon Pinhas, der diese Rosen malte, erschien 2014. Sieben Jahre zuvor begannen in den Wintermonaten Recherchen für ein Buch über “Rosenzüchterinnen”, das sie bis 2022 beschäftigte.

Rosa ‘The Fairy’ – Anita Böhm-Krutzinna mit ihrem Buch “Rosenzüchterinnen” – Rosa ‘In Memoriam’

Schon seit 1820 gab es leidenschaftliche Rosenzüchterinnen, die in Gärten, Rosenschulen und später auch an staatlichen Einrichtungen wirkten. Zu den berühmtesten gehören Madame Hébert, Marie-Louise Meilland, Felicitas Svejda oder Pirjo Rautio. In 46 authentisch gelungenen Portraits beschreibt Anita Böhm-Krutzinna die Lebensumstände, Schicksalsschläge, aber auch Erfolge dieser engagierten Frauen, deren Züchtungsleistungen, vor allem bis Mitte des 20. Jahrhunderts, in der Öffentlichkeit selten bekannt und gewürdigt wurden, eben bis 2022 Anitas Buch “Rosenzüchterinnen” erschien.

Ich durfte mir das Exemplar, das Anita auf dem Foto in der Hand hält, mit Widmung mit nach Hause nehmen. Innerhalb weniger Tage hatte ich das Buch regelrecht verschlungen. Angenehm erzählt, dabei sehr zum Nachdenken, auch über die Frau in unserer damaligen und heutigen Gesellschaft, angeregt, stand für mich schnell fest, dieses Buch möchte ich rezensieren. Ich werde es auch als einen der 5 diesjährigen Preise für 5 Jahre “Wurzerlsgarten” erwerben. (Mehr dazu Anfang September!) Am Dienstag konntet Ihr bereits die Buchrezension druckfrisch lesen, hier ist der Link dazu:

https://www.wurzerlsgarten.de/buecher-schatzkiste/buchrezension-rosenzuechterinnen-anita-boehm-krutzinna/

Alle Rosen, die sich im Buch finden, nennt Anita ihre “Frauenrosen”. Zwei davon sind auf den obigen Fotos zu sehen, Rosa ‘The Fairy’ von Ann Bentall und Rosa ‘In Memoriam’ von Andrea Braun.

Tischschmuck mit Rosen

Es ist nicht verwunderlich, dass ein Teil von Anitas Rosen im Garten von den Rosenzüchterinnen und ihren Geschichten inspiriert wurde. So gibt es einige “Frauenrosen” bei ihr zu sehen. Ich stelle mir gerade vor, wie es ist, wenn Anita vor ihrer Rosa ‘In Memoriam’ steht. Nimmt sie die Blüten, ihren Duft wahr, oder sind ihre Gedanken bei der Züchterin Andrea Braun, wahrscheinlich beides?

Über die historischen, seltenen und besonderen Lieblingsrosen in ihrem Garten und deren Züchter*innen, hält Anita auch Vorträge im In- und Ausland. Es existieren aber auch Fachartikel, die im deutschen Rosenjahrbuch und einschlägigen Zeitschriften gedruckt wurden.

Noch einmal verschwinde ich zwischen den meterhohen Rosenwänden

Gerne würde ich noch weiter in Anitas Bücher blättern, aber ich gehe noch einmal zurück in den Rosen-Dschungel, er zieht mich magisch an. Die Rosenwände, zwischen denen ich hindurchgehe, neigen sich mir zu, dem Myrten-Duft von Rosa ‘Constance Spry’ kann man nur schwer widerstehen. Sie ist zwar einmalblühend, aber ihre großen Blüten und die überwältigende Blütenfülle lässt viele Rosenliebhaber*innen schwach werden. Wunderbar finde ich die Farbgebung der samtigen Rose ‘La Belle Sultane’.

Die Holzschnitzel-Wege führen mich nach hinten, quer durch und parallel wieder nach vorne. Es ist so geschickt gepflanzt, dass ich abwechselnd durch hohe Rosenwände laufe, dann zu einer Sichtachse komme, oder mit niedrigen Rosensträuchern ein Blick auf mehrere, sich hintereinander aufbäumende Rosenblühwellen freigegeben wird, die sich irgendwo an einem hohen Baum oder im Himmelsblau verlieren.

Auf meine Frage, welches die Initialzündung für die Leidenschaft zu Rosen war, fällt das Stichwort “Polyantharosen”. Ich muss lachen, denn die roten “Polyantharosen” im Terrassenbeet meiner Mutter, brachten mich persönlich Jahrzehnte lang weit weg vom Thema “Rosen”. Ich fand sie als Rosen genauso langweilig, wie die Phalaenopsis unter den Orchideen.

Kletterrose Rosa ‘Colette’ – Rosa ‘Sophie’s Perpetual’ – Rosa ‘Lykkefund’

Im vorherigen Garten war es bei Anita genauso, öfterblühende, weinrote Polyantharosen als Monokultur in einem Beet, das war für Anita nicht sehr interessant. Als sie jedoch etwa 16 Jahre alt war, flatterte eines Tages ein Pflanzenkatalog der holländischen Firma Bakker ins Haus. Ich zitiere Anita hier wörtlich, wie sie mir die Erinnerung an diesen Moment schildert:

“Ich war wie elektrisiert, als ich von der sehr alten Albarose ‘Great Maiden’s Blush’ las. Es hat ein Gefühl in mir ausgelöst, das schwer zu beschreiben ist, vielleicht vergleichbar mit einem goldenen Herbsttag im Garten. Ich musste diese Rose unbedingt haben und bezahlte sie mit meinem spärlichen Taschengeld. Ich liebe sie noch heute, die Blüten sind wunderschön und der Duft erinnert mich an Nelken, nein, fast an einen ganzen orientalischen Gewürzmarkt.”

Dieser Moment ist nun viele Jahrzehnte her, aber die tiefe Empfindung zu Rosa ‘Great Maiden’s Blush’ und die stetig wachsende Liebe, insbesondere zu alten Rosen ist der ausschlaggebende Grund für den verwunschenen, traumhaften Rosengarten, den Anita Böhm-Krutzinna als ihr persönliches Paradies angelegt hat. Ein letztes Mal bin ich zwischen den Rosen unterwegs und mag mich kaum trennen. Trotzdem versuche ich mich noch einmal auf die Dinge zu konzentrieren, die nicht zur Rosenfamilie gehören. Es sind alles perfekte Begleiter, unaufdringlich aber trotzdem wunderschön, wie die Akeleien und die vielen Bodendecker, über die ich schon geschrieben habe. Auch einige Deko-Elemente entdecke ich im Garten. Auch sie sind unaufdringlich, aber trotzdem ein schönes Beiwerk, das den Blick in Bodennähe lenkt.

Rosa ‘La Laguna’ – Sieben Söhne des Himmels Baum, Heptacodium miconioidesRosa ‘Ispahan’

Noch einmal picke ich mir ein Foto heraus, das eine Sichtachsen-Begrenzung aufzeigt. Der Sieben-Söhne-des-Himmels-Baum scheint die Rosen ‘La Laguna’ und ‘Ispahan’, letztere ist eine alte Damaszenerrose, die schon 1827 bekannt war, zu beschirmen. Ich freue mich, dass ich gerade von den beiden Rosen auch Einzelporträts gemacht habe.

Im vorderen Bereich, in Richtung Rasen, sehe ich einige Farbklekse von Irisblüten. Anita bekam sie namenlos geschenkt und sie blühen unter den himmelwärts aufstrebenden Rosen und haben genauso wie die kleine Taube doch auch ein Foto verdient. Dahinter gibt es direkt am Weg Bergflockenblumen, Präriekerzen und Spornblumen zu sehen, so besteht keine Gefahr, sich neben den schmalen Pfaden an Rosenstacheln zu verletzen.

Leider ist meine Zeit im Rosengarten zu Ende, aber ich muss noch die Geschichte der Rosa ‘Ghislaine de Feligonde’ (Turbat 1916) erzählen, die gleich drei Standorte im Garten beanspruchen darf. Ich weiß nicht genau, warum sie dieses Privileg hat, sie ist unbestritten ein wunderschöner Rambler, gesund und gut remontierend, so zeigt sie sich zumindest auch in meinem Garten. Anrührend ist die Geschichte, die früher über sie erzählt wurde. Es hieß, sie trüge den Namen einer jungen Frau, die ihren verletzten Mann unter Lebensgefahr von der Frontlinie geholt haben soll. Nachdem sich später herausgestellt hatte, dass die mutige Dame zur fraglichen Zeit wohl noch ein Kleinkind war, schlief die Namenslegende ein, die Faszination dieser Rose blieb!

Eigentlich wollte ich noch einige Lieblingsrosen von Anita aufzählen, aber nach der Nennung von ‘President de Seze’, der vielleicht ersten Frauenrose und der besonderen, riesigen ‘Spray Cecile Brunner’, bekommt Anita wohl ein schlechtes Gewissen gegenüber ihren Pfleglingen und meint: Meine Lieblingsrose ist eigentlich immer gerade die, die wunderbar blüht, also wohl irgendwie Alle.

Liebe Anita, ich danke Dir, dass Du Ulrike und mir den Besuch in Deinem wunderschönen Rosengarten ermöglicht hast und mir erlaubst, Dein Refugium in Wurzerlsgarten vorzustellen.

Rosengarten Anita Böhm-Krutzinna

Adresse: PLZ 34621 Frielendorf/Todenhausen, Am Glockenturm 12, Hessen

Kontakt: Mail: akrutzinna@gmail.com

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