Das grüne Paradies von Inge Feckl in Dorfen/Schwindkirchen

Begonie in der Herbstsonne im Garten Inge Feckl

Ankommen im Dorfener Ortsteil Schwindkirchen

Das an der Goldach gelegene Kirchdorf Schwindkirchen ist der zweitgrößte Gemeindeteil der Stadt Dorfen und liegt an der Ostgrenze des oberbayerischen Landkreises Erding. Bischof Otto von Freising (783 – 810) erwähnte den Ort erstmals urkundlich. Ich durchquere gerade die Stadt und habe nur noch 6 km zu meinem heutigen Ziel, dem Garten von Inge Feckl, in Schwindkirchen, zu absolvieren. Die Katholische Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt aus dem Jahre 1785 ist das Schmuckstück des Ortes. Sie steht auf der linken Straßenseite, rechts sind das Wohnhaus und der Familienbetrieb der Familie Feckl. Auf dem großen Vorplatz steht der Hausbaum, eine 35 Jahre alte Linde. Unmittelbar daneben erwartet mich Inge.

Durch die hölzerne Pforte betreten wir den Garten. Mitte September steht die Sonne nachmittags so schräg, dass sie eine wichtige Rolle in der Gestaltung der Garten-Kulisse übernimmt. Abwechselnd zeichnet sie die Pflanzen weich, dann setzt sie wieder starke Akzente und betont die unterschiedlichen Wuchsformen, rechts und links des Weges. Immer wieder stehe ich entzückt vor neuen Sichtachsen, die das Licht- und Schattenspiel des Nachmittages wiedergeben. Grün ist die dominante Farbe der Malpalette in Inges Gartenreich. So endet das Kopfsteinpflaster auch rasch an der Hausecke und geht in einen unterschiedlich breiten Rasenweg über, der durch den restlichen Garten mäandert.

Ich picke einige Nah-Motive auf und halte sie in meinen Fotos fest. Ungewöhnlich sind die unterschiedlichen Weidengeflechte, die Inge, meist mit Material von ihren eigenen Bäumen, fertigt. Egal, ob sie einen länglichen Hängekorb, gefüllt mit Tillandsien, die in Spanien Luftnelken genannt werden, aufhängt, oder zur Straße hin schnell einen niedrigen Flechtzaun fertigt, es ist alles gut durchdacht, schön und praktisch zugleich.

Landkärtchen, Falter, Rudbeckia fulgida var. sullivantii ‘Goldsturm’Cydonia oblonga, Apfelquitte – Echinacea purpurea ‘Tomato Soup’

Der vordere Garten

Seit 45 Jahren lebt Inge inzwischen mit ihrer Familie in dem Haus, das neben dem Familienbetrieb ihres Mannes steht. Beide arbeiten noch in der Metzgerei mit. In der Vergangenheit wurde die große Wiese landwirtschaftlich genutzt. Der einzige Farbtupfer war ein kleines Rosenbeet mit einer Blautanne.

Das war keineswegs ungewöhnlich, da Schwindkirchen ursprünglich ein rein landwirtschaftlich geprägter Ort war. Heutzutage spielt die Landwirtschaft nur noch eine untergeordnete Rolle, das ist gerade rund um das Anwesen Feckl deutlich erkennbar. Die Funktion des Ortes wandelte sich inzwischen zu einem überwiegenden Wohnstandort.

Cortia wallichiana, Himalaya Silge – Solidago rugosa ‘Fireworks’, Goldrute – Symphyotrichum (Syn. Aster) novae-angliae ‘Rudelsburg’, Aster

Im Hier und Heute trägt der Garten inzwischen fast ausschließlich Inges Handschrift. Kein Wunder, das Thema Garten ist ihr offenbar schon in die Wiege gelegt worden. Sowohl die Eltern als auch die Großeltern hatten Gärten. Diese waren sehr unterschiedlich.

Während die Oma väterlicherseits einen großen Selbstversorgergarten mit Gemüse, Obst, Blumen und Nutztieren wie Hühnern, Enten, einer Ziege und einem Schwein hatte, was für Inge als Kind alles sehr spannend war, erlebte sie bei der Oma mütterlicherseits das Gegenteil, da gab es Rosenbeete, Sträucher, einen steinernen “Wassergrand” (Grand = ein altbayerischer Begriff für einen offenen Wasserbehälter, oft steinerner Brunnen) der mit einer Palmlilie, einem Oleander und einem steinernen Putto optisch aufgewertet war.

Inzwischen ist der Garten von Inge gereift und ein harmonisches Ganzes geworden. Die Gehölze zeigen ihren typischen Habitus und die Stauden sind gut eingewachsen. Die Hosta ‘Sum and Substance’ benötigt fast einen Quadratmeter Platz zum Ausbreiten ihrer goldgelben Rosette. Andere Pflanzen dürfen einfach ineinander hineinwachsen.

Die Bäume im Garten werden hoch und höher, oder bekommen malerische Wuchsformen, wie so manches Obstgehölz. Aber einiges verabschiedet sich auch nach Jahrzehnten. Da sind zum Beispiel zwei serbische Fichten, die innerhalb von 4 Wochen braun und dürr wurden. Wir stehen lange vor der umgestalteten Fläche, die ich mit der naturnahen, niedrigen Bepflanzung sehr gelungen finde. Das bringt wieder mehr Luft und Licht in den Garten.

Der Quergarten parallel zur Goldach

An der Biegung im hintersten Bereich erwartet mich Hydrangea ‘Limelight’ mit ihrer herbstlich angehauchten Blühfarbe. Bewegt man sich auf den Rasenwegen, die durch den Garten führen, dann fühlt man sich meistens wie in einem interessant angelegten Landschaftspark.

Ganz anders ist es rund um die Peripherie, die viele unterschiedliche Facetten zeigt, aber hauptsächlich unter dem Aspekt “so natürlich wie möglich” angelegt ist. Der Platz vor dem Baumbestand, der den vorbeifließenden Bach begleitet, und an dem ich Inge fotografiere, ist für mein Empfinden ein starker, positiver Kraftort. Darum wundere ich mich auch nicht, als Inge erzählt, dass sie hier mit “ihrem” Garten angefangen hat.

Als die drei Söhne von Inge größer waren, kam endlich die Zeit, mit der Gartengestaltung zu beginnen. Inge stand vor dem Baumbestand am Bach und dachte, das Grundstück passe perfekt für Rhododendren und legte los. Wir sind inzwischen durch den Waldbodenweg bis zum Bach, der Goldach, vorgedrungen. Kein Wunder, dass Inge zum heimeligen Platz des Steges, den ihr Mann gebaut hat, eine nette Geschichte einfällt.

Als Opa Franz den Bachsteg fertigstellte, fragte ihn Nina, die 5jährige Enkelin, was das sei. Dass das eine Anlegestelle für Dampfer werden würde, schien ihr sofort einleuchtend und so wartete sie manchmal auf die Ankunft des ersten Dampfers im Garten der Großeltern. Da die Goldach in die Isen mündet, die in den Inn, der in die Donau, die bis in das Schwarze Meer fließt, besteht ja immerhin eine kleine theoretische Möglichkeit, dass der Anlegesteg noch einmal gebraucht wird! Aber wie so oft, ist die Zeit der Fantasie-Geschichten irgendwann vorbei. Vergessen hat Nina diesen Spaß vom Opa jedoch nie.

Im Winter, wenn die Gartenarbeit ruht, bringt Inge seit Beginn ihrer Gartentätigkeit neue Ideen auf das Papier und sucht sich ihre Wunschpflanzen dazu aus. Sobald es die Witterung im ausgehenden Winter erlaubt, legt sie dann im Garten los. Es gab nie ein Gesamtkonzept, aber immer die Idee, dass der Garten mit der angrenzenden Landschaft harmonieren und nahtlos in sie übergehen soll. Ein weiterer Wunsch war, dass der Garten, dank viel Grün, Ruhe ausstrahlt.

Jahr für Jahr verwandelte Inge ein Stück Wiese in ein neues Blumenbeet. Nach getaner Arbeit sagte sie sich dann: “Wieder einen ‘Schling’ dazu gemacht”. So entstand im Laufe der letzten 20 Jahre aus einer großen Wiese Inges “Grüner Garten”. Inges Reich ist tatsächlich, trotz der abwechslungsreichen Bepflanzung eine grüne Ruhe-Oase geworden. Ihre vielen Inselbeete, Mixed Border, Randbeete und Blumenwiesen sind durch einen richtungsweisenden Rasenweg verbunden, der durch alle Gartenbereiche bis zum Bereich des Küchengartens mal schmäler, mal breiter werdend, hindurchmäandert und grüne Sichtachsen schafft, die eine verlässliche Ruhe ausstrahlen. So ist es auch kein Wunder, dass ich es kaum merke, dass ich durch das Gehölz parallel zum Bach gestreift bin und dann auf dem Rasenweg zum längsten Gartenteil gelangt bin.

Bevor ich aber dort weitergehe, locken mich ein paar Stufen hinauf in den Apfelgarten und zur steinernen Bank. Beim Vorbeigehen sehe ich die spalierartige Abgrenzung der Zieräpfel Malus ‘Evereste’ und ‘Golden Hornet’. Dahinter steht der Pavillon mit seinem Rosenrambler-Dach. Mitten in der Orchideenwiese vor dem Pavillon befindet sich die steinerne hohe Vogeltränke.

Inges Sohn hat diesmal das Video für mich angefertigt, in dem nicht nur Inge zu sehen und zu hören ist, sondern auch der Versuch einer Übersetzung ihrer bayerischen Mundfärbung ins Hochdeutsche zu lesen ist. Zumindest habe ich die “Geheimschrift” so gedeutet. Ich gehe fast jede Wette ein, dass Ihr das, was Inge im Video erzählt, besser versteht als das Geschriebene. Also wie immer, Ton laut stellen, auf das Bild klicken, Euer Lieblings-Getränk einschenken und Euch bitte nicht an der Übersetzung vor Lachen verschlucken. Es lohnt sich, genau hinzuhören, was Inge über ihre Blumenwiese erzählt. Da geht es um Orchideen und Klappertöpfe, aber hört selbst:

Der lange hintere Garten

Ich gehe zurück zu den wenigen Stufen, um mir in Ruhe den letzten Gartenteil, den langen hinteren Garten, anzusehen. Wie fast überall leitet mich auch hier ein Rasenweg und wird auch hier der Blick die Sichtachsen entlang, immer wieder nach einer Weile mit geschickt platzierten Pflanzinseln, Gehölzen oder seltener mit geschmackvollen Gartendekorationen unterbrochen.

Waren es bisher Pflanzinseln mit hohen Sträuchern und Stauden, oder kleine Gehölzgruppen, welche die Sicht einschränken, so laufe ich jetzt auf eine formal geschnittene Hecke zu. Die Gestaltung dieser Sichtachsen weckt jedes Mal aufs Neue mein Interesse.

Aber, ich muss doppelt so gut aufpassen, dass ich nichts verpasse, was rechts und links von mir zu sehen ist. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich die ausgewogene Mischung aus bewährten Stauden und Gehölzen, durchmischt mit raffinierten Raritäten, genauer anzusehen. Die weißen Blütchen des “Sieben-Söhne- des-Himmels-Strauchs”, Heptacodium miconioides, duftend zu den weit geöffneten Schalenblüten von Anemone hupehensis ‘Ouvertüre’ geneigt, sind sie nicht entzückend? Hibiscus x moscheutos ‘Candy Crash’, eine Sumpfeibisch-Züchtung, hat einen Soloplatz verdient. Um ihn optisch zu erden, hat ihn Inge mit Totholz kombiniert.

Wie Inge es geschafft hat, ihrem Garten trotz der vielfachen Verwendung von Gehölzen eine Weichheit und Leichtigkeit in diesem Ausmaß zu verleihen, ist mir lange ein Rätsel. Dann finde ich langsam die Erklärung. Im Garten sind Koniferen sehr sparsam eingesetzt. Die langnadelige Tränenkiefer, Pinus wallichiana, die ich im Querteil neben der Hortensie ‘Limelight’, bewundert habe, wirkt weder dunkel noch schwer. Die vielen kleinblättrigen Gehölze sind ebenfalls locker und lichtdurchlässig und belasten die anmutige Wirkung des Gartens nicht. Gehölzlastige Gartenteile bekommen mit immergrünen Rhododendren einen optischen Zusammenhalt, so dass eine gute Ausgewogenheit vorhanden ist.

Ein weiterer Umstand, der die Leichtigkeit des Gartens unterstützt, ist Inge Feckls Liebe zu den Gräsern. Ihr filigraner Habitus und die vielen interessanten Grün-Spielarten sind wichtige Elemente bei Inges Pflanzungen. Unter den Gehölzen übernehmen diese Aufgabe gelegentlich Farne, die sie genauso schätzt, wie ihre Gräser. Dem Habitus von Miscanthus ‘Malepartus’ setzt Inge mit der großblättrigen Darmera peltata und einer weiteren Leitstaude, der spätblühenden Helianthus ‘Lemon Queen’, spannende Kontraste in der Wuchsform entgegen.

Inges Vorliebe für Laubgehölze bringt ihr noch einen weiteren Vorteil. Sobald diese im Herbst ihr Farbspektakel beenden und die Blätter fallen, kommen Nährstoffe, Licht und Feuchtigkeit auf den Boden. Die Gärtnerin weiß um das Geheimnis der Schneeglöckchen, Winterlinge und vieler weiterer Stinzenpflanzen und freut sich schon jetzt auf den ausgehenden Winter, wenn die Spätwinter- und Frühlingsgeophyten in ihrem Garten die ersten starken Akzente setzen.

Inge lässt ihren Garten durchblühen. Nach den frühblühenden Geophyten und Stinsenpflanzen beginnt die Gehölzblüte der Obstbäume und Rhododendren. Schlüsselblumen, Blutströpfchen, Wiesenschaumkraut, Schachbrettblumen, Kuckucksnelken und Margeriten, die alle zu ihren Lieblingspflanzen zählen, schließen sich nach und nach an. Die Ramblerrosen, Taglilien und Storchschnäbel blühen im Sommer auf. Bei meinem Besuch sind es die Astern, Herbstzeitlosen, Herbst-Alpenveilchen und vor allem die Gräser, die Furore machen.

Je näher ich mich der hinteren Hausseite nähere, umso “wohnlicher” wird der Garten. Die Hecke erfüllt den Anspruch einer ruhigen grünen Mauer, zeigt aber mit einem ausgeschnittenen “clairvoyée” und der Sissinghurst Bank davor, dass ich im “Grünen Wohnzimmer” mit Landschaftsausblick angekommen bin. Eine Amor-Statue vor weißen Hortensienwölkchen weist mir den Weg zum wohnlichen Gewächshaus.

An der Hausecke endet der Rasenweg. Die Hausmauer wird von Kopfsteinpflaster in unterschiedlicher Breite begrenzt. Für besondere Pflanzen, wie die ausgepflanzte Spalierbirne, gibt es Erd-Aussparungen. Die Sitzplätze passen, schön umspielt vom Topfgarten, gut in die terrassenartigen Verbreiterungen des Hausweges hinein. Dutzende Kübel von Hostas, Duft-Pelargonien, Fuchsien, Agapanthen bis hin zu mächtigem Zieringwer stehen die Hauswand entlang Spalier. Im Baum hängen Epiphyten, wie der Farn Polypodium formosanum.

Von der Hausbank genießt man einen schönen Blick über den “Weißen Garten”. Auch wenn der Rambler bei der steinernen Aphrodite um diese Zeit längst verblüht ist, so hat dieser formale Garten mit Wegkreuz doch eine sehr erhabene Ausstrahlung. Remontierende Rosen, Phlox, Prachtkerzen und die Herbstanemone ‘Honorine Jobert’ zeigen sich noch immer in strahlendem Weiß.

Schattig trockene Problemstellen kennt Inge nicht. Wenn ich mir die Leichtigkeit des Schattenbeetes mit Pfauenradfarn, Adiantum pedatum, Pfennigkraut, Lysimachia nummularia und dem Frauenmantel, Alchemilla mollis, anschaue, dann kann ich nur sagen, Hut ab. Wo gar nichts wächst, da steht eine kleine Skulptur und… irgendein passendes Gras findet Inge immer. Auch im “Weißen Garten” gibt es Schattenpartien. Arum italicum, der Aronstab, hat zwar weiß geblüht, aber jetzt leuchtet er weithin mit seinem roten Beerenschmuck. Damit das Rot nicht völlig ausbüxt, stehen die Blätter einer weiß panaschierten Brunnera dahinter. Ich finde die Kombination sehr attraktiv.

Es ist ein gelungener Schachzug, wie Inge mit ihrem gestalterischen Gespür diesen rückwärtigen Hausteil geplant hat. Die durchgehende Hausbegrünung schafft zusammen mit dem Kopfsteinpflasterweg eine geschlossene Einheit. Der rundum laufende Garten mit seinem Park ähnlich wirkenden Wiesenweg und den unterschiedlichen Sichtachsen, sowie der natürlichen Peripherie wird erst durch eine kleine Querhecke ausgebremst und endet dann endgültig am Gewächshaus. Dahinter schließt sich das weiße, streng formale Gartenquadrat an. Dann folgt der abschließende, lockere Bauerngarten in seiner herbstlichen Buntheit und löst alles in fröhlicher Harmonie wieder auf.

Fast mit Gewalt muss mich Inge in das Gewächshaus dirigieren, wo der Kaffee seit Stunden gewartet hat. Ich bin so voll mit Eindrücken, dass ich mal wieder viel zu viele Fotos für Euch ausgewählt habe. Aber glaubt mir, bei den letzten Hundert hat mir jedes Aussortierte einzeln weh getan.

Liebe Inge, ich danke Dir ganz herzlich für Deine Gastfreundschaft und die Erlaubnis, Dein “Grünes Paradies” auf Wurzerlsgarten vorstellen zu dürfen. Ich habe die Stunden mit Dir und in Deinem Garten wirklich sehr genossen.

Garten Inge Feckl

PLZ 84405 Dorfen

Schwindkirchen 24

Kontakt: E-Mail: ingefeckl@web.de

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