JANUAR 2020
Egal ob im Wintergarten, oder im Winter-Garten, blühendes Leben gibt es überall. Die meisten Exoten, die wir nicht in den Garten setzen, ihnen höchstens eine Sommerfrische an einem geschützten Platz anbieten können, blühen jetzt, da in ihren Herkunftsländern nun Sommer ist.
Im Wintergarten geht es jetzt exotisch bunt zu, Hibiscus rosa-sinensis und Strelitzia reginae schauen sehnsüchtig in die Wintersonne. Etwas geschützter mögen es die vielen Orchideen, Bromelien und Hippeastrum.
Im Garten zeigen sich ein paar vorwitzige Helleborus-Blüten und die ersten Tuffs der Schneeglöckchen kommen vorsichtig aus der Erde. Schon seit dem Spätsommer sind die Kissenprimeln wieder am Blühen, aber am meisten Beachtung finden sie von November bis März, danach ist die Konkurrenz wieder viel zu groß und die Blüten sind dann viel zu bescheiden, auf sich aufmerksam zu machen, bevor sie in der trockensten und heißesten Zeit eine kleine Pause einlegen.
FEBRUAR 2020
Noch ist der Garten in Stille, noch ist unsere Welt (scheinbar) in Ordnung. Ich lese viel, studiere Bücher für neue Garten-Reisen und -planungen. Plötzlich ist in meinem Kopf wieder diese fixe Idee, die mit gleicher Regelmäßigkeit zu bald jedem Jahresbeginn kommt und sobald ich meinen Reisekalender ansehe, auch schnell wieder verschwindet. 6 Reisen stehen in meinem Planer, Cornwall im Frühling, 3 Gartenreisen mit meinen TraumgärtnerInnen, 1 Kurzreise zur GdS-Jahrestagung und eine weitere zur Jahrestagung meiner GdS-Fachgruppe für Aquilegia & Thalictrum!
Mitte des Monats kommt ein Baum-Experte in meinen Garten. Ich möchte, dass er sich meinen alten Baumbestand anschaut, damit rundum Sicherheit herrscht. Ein Umwelt-Mitarbeiter des Landrats-Amtes besucht mich und möchte meinen Garten als “Naturgarten” zertifizieren. Ende des Monats bricht plötzlich die Sonne aus dem trüben Himmel und hunderte Elfenkrokusse fangen an, im Garten den bevorstehenden Frühling zu verkünden.
MÄRZ 2020
Das Frühlingsbeet an der Ahornecke erreicht seinen Blüh-Höhepunkt. Corona beginnt, der erste ‘Lockdown’ kommt. Mein Geburtstag erinnert mich an ‘Dinner for One’, nur dass der Butler nicht über ein Eisbär-Fell stolpert, sondern am anderen Tischende sitzt und wir uns Beide einzeln aus der Küche das Essen holen.
Wurzerl ist bockig und die nicht frostharte Keramik wird aus Protest jetzt schon verfrüht in den Garten gebracht.
APRIL 2020
Der Garten kümmert sich nicht um Corona, er explodiert und auch die Schnecken explodieren und ich mache die wenigen Dinge im Garten, die ich mit meinen Händen tun kann: z.B. die Wurzerlküche und andere Gefäße neu splitten und damit vor schnellem Austrocknen schützen.
Parallel dazu storniere ich alle geplanten Reisen für 2020, schiebe in den Traumgärten eine Märchen-Woche und in der Osterwoche zum ersten Mal Osterrätsel ein. Der Gedanke an eine jetzt vielleicht doch mögliche Einrichtung einer Website steht plötzlich realisierbar vor mir.
MAI 2020
Erst im Wonnemonat darf mein Bachlauf wieder plätschern und ich habe Hilfe für die wichtigsten Schnittarbeiten, die viel zu lange liegen geblieben sind. Die Nacktschnecken-Invasion macht das Garten-Leben nicht einfacher. Aber ich bin ein Versager, auch wenn es mir immer wieder eingetrichtert wird: “Der Mörder ist immer der Gärtner!” Trotzdem wuchert alles wie wild, ich vermisse lediglich kleine kostbare Schätzchen. Meine Schnecken lieben das Besondere!
Ich arbeite jetzt wie besessen an ersten möglichen Beiträgen für eine Website. “Wurzerlsgarten” ist plötzlich zum Greifen nahe. Ich entdecke französische Pelargonien und teste sie zum ersten Mal in den Hänge-Ampeln. Nicht ganz freiwillig, die Gärtnereien, die im Lockdown unter den Schließungen leiden mussten, sind mit Saisonware schnell ausverkauft.
JUNI 2020
Auch im Rosenmonat, wo ich normalerweise die meiste Zeit im Garten verbringe, bin ich mit der neuen Website vollauf beschäftigt. Es sollen alle Kategorien mindestens schon einen vorzeigbaren Post zur Eröffnung haben.
Ok, ich glaube, ein wenig waren meine Rosen schon über diese despektierliche Behandlung eingeschnappt, auch wenn die Tür von der Bibliothek immer aufstand und ich viele meiner Rosen vom Schreibtisch aus bewundern und riechen konnte.
JULI 2020
Meine Weinraute, Ruta graveolens zieht wieder einen Schwalbenschwanz an, diesmal leider ohne schlüpfende Raupen. Dafür gibt es einige Raupen von Buchsbaum-Zünslern, aber das regelmäßige Ausbringen von getrockneten Mehlwürmern auf den Buchsen ruft die Vögel so zeitig auf den Plan, dass keine großen Schäden entstehen.
Die Nachbar-Katzen finden nach wie vor meinen Garten ganz toll. Der Gegenüber-Nachbar nicht, er fordert mich in einem Brief auf, meine alten Birken auf 3 m Maximalhöhe zurückzuschneiden. Da die Birken seit mindestens 50 Jahren im Garten stehen, der Nachbar erst vor 10 Jahren ziemlich an die Grundstücksgrenze gebaut hat und mir schon vor einem halben Jahr der Baumpfleger sagte, die Bäume seien gesund, bin ich so frech und ignoriere sein Gejammer, dass das Laub meiner Birke vor seinem Eingang seine Lebensqualität mindert!
AUGUST 2020
Anfang August beginnt der Wasserkrokus zu blühen und wird nur durch das Einräumen im November daran gehindert weiter zu blühen. Das Füchslein ist froh um den kühlen Schattenplatz an der Quelle. Wir haben in Oberbayern Glück, es ist nicht ganz so heiß wie in den Vorjahren und nicht über viele Wochen total trocken. Gott sein Dank!
Am Monatsende ist es endlich soweit! Meine Website “Wurzerlsgarten” wird freigeschaltet und steht im Netz. Mit einer Buchverlosung des “Mein Wabi Sabi Garten”-Buches von Annette Lepple, die 14 Tage später auch die Glücksfee für die Verlosung ist, beginnt sich die Website im Internet umzusehen. Ich staune über die große Resonnanz und es macht mir eine Riesenfreude!
SEPTEMBER 2020
Die Website erfüllt mich vom ersten Tag an, denn ich merke, dass auch Anderen Freude macht, was ich da tue, das Feedback steigt. Da ich mit der Hand nicht mehr viel schreiben kann, mutiert die Website zu Tagebuch, Reise-Fotoalbum usw.. Eine liebe Traumgarten-Freundin ist die Erste seit Corona, die im Gästezimmer übernachtet und mich wieder nach Weihenstephan in den Staudensichtungs-Garten lockt. Leider sieht sie auch den schlimmen Zustand meines Gartens.
Aber, ich finde endlich einen Gärtner, es ist zu spät für die Rosen, sie werden nicht remontieren, bis auf die starken Rambler, denen die Menschenhand relativ egal ist, wenn sie auf Durchblühen genetisch programmiert sind. Aber ich habe eine echte Hilfe gefunden. Nach einem Angebot nach Garten-Besichtigung (immer noch 180 qm): “für einen Festpreis von 3.000.– Euro, 3 Mann, 3 Tage !!!”, wollte ich aufgeben. Auf meine Frage, “was er mit 3 Mann in 3 Tagen in meinem Garten tun will ??? ” – außer sich gegenseitig auf die Füße zu treten, bin ich den Betrüger mit seinem Vertrag los. Aber dann ist alles gut, witzigerweise wohnt mein neuer Gärtner in der Parallel-Straße. Ein paar neue Pflanzen ziehen ein, dank diesem Gärtner kommen sie auch in die Erde. Für 200 m laufende Thujahecke und 500 qm Rasen kriegt man schnell jemand, aber meine Stauden-Anhäufung verschreckt auch die meisten gelernten Gärtner. Da mir über Jahre bei den wichtigsten Dingen, die ich nicht selber machen kann, mein lieber Neffe geholfen hat, war mir dieses Manko nie so klar.
OKTOBER 2020
Ein goldener Oktober mit der Laubfärbung eines Indian Summers zeigt uns noch einmal, was der Garten kann. Ja, auch wenn ich nicht sooo viel machen konnte und nicht zufrieden war mit dem Bild, das mich in der Regel draußen erwartete, so war es doch mein sicherer Hort. Kein gleichgültiger Mensch ohne Maske und Händewaschen stand jemals darin, nur ich und Menschen, denen ich vertraute.
In der 1. Oktober-Woche hält es mich nicht mehr zuhause. Ich begleite eine liebe Freundin nach Ostfriesland. Meinen 40. Hochzeitstag verbringe ich an der Nordsee, mein Mann als Hanseate liebte das Meer. Christa und ich treffen viele liebe Garten-Menschen und können Freundschaften wiederbeleben. Leider gilt das nicht für das Stauden-Meer in Moorriem, dieser Garten ist jetzt leider Geschichte. Durch Corona verliere ich die Gelegenheit für einen Abschiedsbesuch. Aber ich habe von Albrecht Ziburski die Erlaubnis, eine Retrospektive des Gartens zu machen. Und… es gibt kaum 2 Wochen später einen weiteren Gegenbesuch aus Ostfriesland, wie schön. Im kleinen, mit Vorsicht, ist doch eigentlich ganz schön viel machbar.
NOVEMBER 2020
Die Vogelfutter-Stelle wandert wieder langsam auf die überdachte Terrasse zurück. Der Bachlauf ist abgestellt. Das Laub muss noch dringend in die Schmuddel-Ecken und zwischen die Sträucher, damit im Februar wieder eine Elfenpracht auf der Wiese entstehen kann. Rosa ‘Ghislaine de Feligonde’ hat dieses Jahr den Frostpreis gewonnen und die letzten Blüten in den stahlblauen November-Himmel gestreckt.
Die Vorbereitung der Adventrätsel für die Traumgarten-Gruppe läuft auf Hochtouren. Die Weihnachts-Geschenke sind fertig, ich warte nie bis Dezember. Dieses Jahr wird es zeitlich ziemlich eng, eigentlich bin ich doch Rentnerin – aber jetzt gibt es ja auch noch meine Website, doch ich krieg alles gebacken, wär doch gelacht!
DEZEMBER 2020
Das Jahr geht zu Ende, wieder mit einem Lockdown, ich arbeite an verschiedenen Möglichkeiten, mich mit der Klimaveränderung auseinanderzusetzen und freue mich über die vielen lieben FreundInnen und FB-FreundInnen, die an den Feiertagen an mich denken. Besuch habe ich auch täglich, Vögel kennen keinen Lockdown.
Türkisch-Kurs und Tai’Chi-Gruppe haben vorzeitig Ferien ausgerufen und so beschließe ich am letzten Tag des Jahres.
“Mehr Bewegung – gnä’ Frau” – ich bin bequem geworden
(kicher, vor allem an den Hüften!).
Es gibt noch einen zweiten guten Vorsatz, der mir außerordentlich gut gefällt. Ich habe ihn gerade im B 3 Radio gehört.
” Wer mich ärgert – das bestimme nur ich”!
12 Kommentare
Ein aufregendes Jahr ist vorüber… Aber es war nicht alles schlecht.. Dein Garten war nur anders… Genau wie meiner… Aber ich habe viel über mich dazugelernt… Auf ins 2021!!! Ich freue mich darauf…
Ich fand dieses Jahr war eine Chance für fast jeden (nicht für Krankenschwestern, Ärzte und Pfleger) den Weg in sein Innerstes zu gehen. Die eigene Vergangenheit zu reflektieren, die Gegenwart zu beurteilen und die Zukunft so zu planen, wie man sich die Gegenwart gewünscht hätte. Leider haben viele nicht den Weg zu sich selbst gehen wollen. Schade – es war vielleicht die einzige Möglichkeit im Leben. Liebe Karin, Ihr habt dieses Jahr gut genutzt und Ihr werdet Euren Weg unbeirrt weitergehen. Bleib wie Du bist! LG Wurzerl
ein sehr schöner Jahresrückblick. Ich habe ihn wieder mit Begeisterung gelesen.
Liebe Erika, ich fand dieses Jahr auch irgendwie schön – Wehmut und Melancholie gehören auch zu unserem Leben dazu. Dieser letzte Silvester-Abend, ohne viel Geböller und Gegröhle ist uns angesichts der Verluste im letzten Jahr gut angestanden. LG Wurzerl
Liebes Wurzerl dein Jahresrückblick hat mir gezeigt das mein Gartenjahr auch anders war. Auch bei mir ist vieles liegengeblieben und nicht umgesetzt worden. Corona hatte uns voll im Griff. Da ich im Lebensmittelhandel tätig bin, brauchte ich meine freien Tage zum regenerieren. Unser jüngstes Enkelkind ist im Juni 1 Jahr alt geworden, also haben wir die freie Zeit genutzt um an seiner Entwicklung teilzunehmen. Aber den Besuch bei Dani Günther habe ich mir auch gegönnt, es war ein schöner Nachmittag.
Das finde ich großartig, es sind sicher so an die 20 Besuche aufgespart worden und dieses Jahr kommen mindestens 38 neue Besuche dazu und ich hoffe sehr, dass im Kleinen so etwas entspannt und ohne Risiko gemacht werden kann. Es tut uns einfach Allen gut uns gegenseitig in den Gärten zu besuchen. Danke für Deine Arbeit – der Lebensmittel-Handel war ja stark gefordert. Ihr habt einen tollen Job gemacht.
LG Wurzerl
Liebe Renate, ein Jahresrückblick, wie er sicherlich ohne Corona so nicht gekommen wäre. So hat man sich mal mit vernachlässigten Dingen beschäftigt, was auch gut so war, wie ich finde.Jedenfalls ging es mir so….. Alles hat seine Zeit,und man orientiert sich anders. Ein schöner Rückblick, ich bewundere es immer wenn jemand so schön schreiben kann. Auf ein Wiedersehen in 2021, das uns wieder mehr Möglichkeiten offen stehen.
LG Angela
Liebe Angela, wenn wir die Möglichkeiten genutzt haben, für die sonst im Alltagsgetriebe keine Zeit war, dann war alles gut. Wer sich darauf beschränkt hat auf die alten Möglichkeiten zu warten und ihnen nachzujammern, der ist in diesem Jahr, wo wir keine Nähe der Freunde direkt verspüren konnten, natürlich überhaupt nicht zurechtgekommen. Es gibt immer gleich viele Möglichkeiten, denn unser Jahr hat immer gleich viele Minuten (außer im Schaltjahr) wir müssen uns nur die richtigen Möglichkeiten herauspicken und umsetzen. Du hast das ja offenbar auch so gemacht.
LG Wurzerl
Ein reiches Jahr, sehr unterhaltsam und wunderschön dargestellt. Wie gut für uns alle, dass Du Deine Talente so kreativ nutzt und uns teilhaben lässt an Deinem spannenden Leben.Danke!
Liebe Marie Christine, in der Quintessenz war letztlich nur spannend, ob man gesund bleibt. Dass dem so war, dafür bin ich dankbar.
LG Wurzerl
Liebe Renate, auch wir haben an Sylvester dieses besondere Jahr Revue passieren lassen und festgestellt, dass wenn es uns immer so gut geht wie im vergangenen Jahr, wir sehr zufrieden sein können. Wir haben nicht gefroren oder gehungert und hatten gaaanz viel Zeit für unsere 5 Pampers Rocker und für den Garten. Beides hat uns viel Freude gemacht. Wir waren für 4 Tage bei Hedwig Weerts, haben viele Gartenfreunde wiedergesehen und nichts vermisst. Mir ist sehr bewusst,dass wir mit unseren Gärten in einer sehr komfortablen Situation sind. Vielen geht es nicht so gut. Daher hoffe ich, dass
sich die Zeiten bald entspannen.
Nach langem Überlegen bin ich zu dem Entschluss gekommen meine Töpferei aufzugeben. Auch das hat Corona bewirkt. Werde aber sicher nicht unter Langeweile leiden.
Offene Gartenpforte, Veranstaltungen und Reisebusse bespaßen bleibt uns ja noch.
Bleib gesund und pass gut auf dich auf.
Liebe Grüße Irmgard und Karl-Heinz
Liebe Irmgard, ja, dieser Blick auf unsere komfortablen, ja luxuriösen Lebensgrundlagen (selbst wenn wir nicht zu den Millionären gehören), gehört für mich täglich beim Aufwachen dazu. Wir sind so privilegiert und ich denke, daran sollten sich viele Unzufriedene einfach mal erinnern. Wieviele Menschen sterben oft schon als Säugling an Hunger, in Kriegen, an Krankheiten, an unsauberem Wasser oder Kälte. Es macht mich täglich demütig, wenn ich an das Glück denke,in das ich hineingeboren wurde.
Dein Entschluss, die Töpferei aufzugeben ist für die Fans Deiner Keramik sicher ein Verlust. Aber wichtig ist nur, was Du denkst und ich bin überzeugt davon, es gibt für Dich jetzt viele andere Prioritäten. Und wer 5 Pampers Rocker um sich hat, der muss sich nicht am Ton abarbeiten, das macht zwar sicher zufrieden, aber niemals so glücklich wie Enkel. Also genießt und seid zuversichtlich und bleibt bitte gesund. Das wünscht Euch das Wurzerl