Ankommen
Es ist Mitte September 2023 und Erna de Wolff war so freundlich, einen Termin mit dem „Faulen Gärtner“ zu vereinbaren und mich nach Ruinen, einem Dorf der Provinz Drenthe in den Niederlanden, rund zehn Kilometer nordwestlich von Hoogeveen zu fahren. Provokant klingt der Gartenname von Jan und Nicolette Nauta: „De Luie Tuinman“ steht da zu lesen, aber was bedeutet das? Ich nehme den Flyer des Schaugartens in die Hand und bin noch mehr irritiert. 25 inspirierende, unterschiedlichste Gärten sind hier avisiert. Das Garten-Café und der Garten-Shop sind dabei gar nicht berücksichtigt.
Unterwegs im ersten Gartenteil mit Doppelborder und Blumenkästen
Anfang des Wanderführers “De Luie Tuinman” – “Der faule Gärtner“
- Fröhliche, starke Dahlien- und Zinnien-Kombinationen im Doppelborder. Blumenkästen und Pflanztöpfe füllen den Luftbereich und schaffen eine zweite Dimension.
- Der Sonnengarten mit den dominierenden Pflanzenfarben Gelb und Orange.
- Die kleinste Garten-Bibliothek von Drenthe öffnet den Durchblick auf ein formales Wasserbecken mit überbordender Bepflanzung.
- Annuelle Pflanzen und Stauden bilden lockere lila-blau-violette Blumenbeete in Dreieckspflanzungen. Der Gehölzrand, Hecken und das Maisfeld schließen die Beete ein und verleihen ihnen mit dem Rasen-Weg zusammen eine wunderbare Leichtigkeit.
- Der große Teich mit der Teich-Terrasse liegt verträumt da. Großblättrige Pflanzen und Gräser in größeren Gruppen erzeugen eine harmonische Stille.
Unterwegs im zweiten Garten mit gelb orangen Sonnenfarben
Schon im 1. Gartenteil als „Doppelte Blumenbeete“ bezeichnet, erkenne ich, mit Faulheit kommt man hier nicht weit. Gute Laune verströmende Dahlien und Zinnien-Kombinationen in starken Farben blühen im Doppel-Border unverdrossen in den Herbst hinein. Die Gesamtfläche des Areals beläuft sich auf etwa 11200 qm. Darum bin ich eingangs zuerst einmal irritiert, dass Jan schon im 1. Garten mit Blumenkästen und Pflanztöpfen in höhere Dimensionen ausweicht.
Unterwegs im dritten Garten mit dem formalen Wasserbecken und der kleinsten Gartenbibliothek, die ich kenne.
Schnell jedoch wird mir klar, das ist hier kein Schaugarten im herkömmlichen Sinn, sondern ähnlich wie bei Erna de Wolff in Moormerland, ein Lehrgarten mit den unterschiedlichsten Anregungen für verschiedenste Gartentypen und Geschmäcker, nur um ein vielfaches größer.
Unterwegs im vierten Garten mit Annuellen und Stauden in lockeren lila-blau-violetten Dreieckspflanzungen
Die Pflanzenarrangements im Schaugarten zeigen unterschiedlichste Gartensituationen. Auch in einem kleinen Garten kann man eine überbordende Fülle an Blüten haben. Genauso kann ein schattiger Waldgarten eine interessante Unterpflanzung aufweisen. Ideen über Ideen, immer neue Gestaltungsmöglichkeiten in Sonne und Schatten, findet der interessierte Besucher.
Unterwegs im fünften und sechsten Garten mit dem großen Teich, interessanten Uferstauden, der Teich-Terrasse und dem Buchenwäldchen
Mit Sichtachsen, Wasser, Themengärten, Raumteilern und interessanten Pflanzenkombinationen wird jeder Gartenteil zum individuellen Refugium und oft auch zu einem persönlichen Aha-Erlebnis. Auffallend ist, wie Jan seine optimistische, gute Laune, in vielen fröhlichen Pflanzenbildern und Gartensituationen, die er mit einem “Augenzwinkern” präsentiert, in seine Planungen mit einfließen lässt. Diese gute Laune ist tatsächlich auch noch wirksam, als sich der Himmel immer mehr verdunkelt und erste, noch vereinzelte Tropfen fallen.
Unterwegs im fünften und sechsten Garten mit dem großen Teich, interessanten Uferstauden (Paris quadrifolia und Asarum europaeum) und dem Buchenwäldchen
Der mittlere Teil des Gartenführers vom “Faulen Gärtner“
6. Mit dem kleinen Buchenwäldchen integrierte der Gärtner den umliegenden Wald in den Garten. Im Blätterspiel von Licht und Schatten gedeihen Schattenstauden.
7. Im Regenbogen-Garten fehlen nur die Farben weiß und rosa. Stauden, Annuelle und Kletterpflanzen die an Bögen hochranken, welche wieder verschiedene Durchblicke ermöglichen, bilden einen abwechslungsreichen Gartenteil.
8. Der „Bolle Weg“ ist eine Hecke aus Buxus und Hainbuche, die eine wellenförmige Skulptur bilden.
9. „Rot-Lila“ ist hier das Motto, mit Pflanzen in den passenden Farben. Die Laube in der Kreuzung wird durch die Rose ‘Bobby James‘ erstürmt.
10. Der „Experimentelle Garten“ ist zum Testen für neue Pflanzen da. Diejenigen, die auf dem sandigen Boden gut wachsen, dürfen bleiben.
11. Der „Platanen-Garten“ – die Bäume sind in formaler Allee-Form gepflanzt. Die Rand-Pflanzung mäandert auflockernd mit Gräsern und Dahlien die Hecken entlang
12. Der „Weiß-Graue Garten“ befindet sich zwischen der Großen und der Buchsbaum-Hecke. Vom Durchgang aus wirkt das sehr großräumig.
13. Der „Pastell-Garten“ schmückt sich mit Rosa und Lila.
14. Der „Engelpavillon“ wird überwachsen von Kletterrosen und Clematis. Die Pergola bildet einen Tunnel mit zwei Engeln rechts und links.
15. „Birken“ das Blätterdach spielt im Sonnenlicht mit den sich wiederholenden Formen der Unterpflanzung.
Unterwegs im siebten Garten, der Eingangsbereich zum Regenbogengarten
Zwei Dinge fallen mir im Schaugarten des “Faulen Gärtners” auf. Die Gärten sind durchwegs nach Beth Chattos Motto: “right plant – right place” bepflanzt. Damit starten die Pflanzen in einer für sie gesunden Umgebung und damit diese Stärke bleibt, finden sich immer wieder Anordnungen von Vogelschutzgehölzen, Benjes-Hecken, Stein- und Totholzhaufen und, wo es visuell nicht stört, “Wilden Ecken”. Diese Konstruktionen sind in der Regel nahe dem Ort, an dem das Holz, Laub, oder Schnittgut gesammelt wurde, so dass keine weiten Transporte nötig sind. Sie sind wertvoll für die zahlreichen Tiere im Garten, die dafür sorgen, dass Krankheits- und Fress-Schädlinge von den Pflanzen ferngehalten werden und sie auch gesund bleiben. Das minimiert letztlich den Arbeitsaufwand, der sonst gerade bei Stauden auf so einer Riesenfläche schnell aus der Kontrolle geraten könnte.
Unterwegs im siebten Garten, dem Regenbogengarten
Die Pflanzen strotzen, selbst im Herbst, durchwegs vor Gesundheit. Dank der Pflanzmethode, eine Staude nicht dahin zu setzen, wo es dem Gärtner gefällt, sondern dorthin, wo es ihr zuträglich ist, hat Jan Nauta nach dem Pflanzen wenig Arbeit. Er weiß, Stauden und Gehölze im richtigen Habitat machen kaum Arbeit und bleiben gesund.
Unterwegs im achten und neunten Garten, dem “Bollenweg” und der Laube mit Rosa ‘Bobby James’ im “Rot-Lila”-Garten
Es gibt wohl einfach deshalb so viele verschiedene Gartenräume auf dem Areal, um zu zeigen, was alles in einem Garten mit unterschiedlichen Bedingungen möglich sein kann, ohne dass für einen Bereich ein Übermaß an Arbeitszeit nötig ist. Vielleicht deshalb der Gartenname: “Der faule Gärtner”? Ich rege eine Umbenennung in: “Der pfiffige Gärtner an”.
Unterwegs im zehnten und elften Teil, dem experimentellen und dem Platanengarten
Im Schaugarten wird sehr auf die Belange der Natur geachtet. Dabei geht es sicher nicht so zu wie bei “Hempel unterm Sofa”, aber die natürliche Lässigkeit, die das Areal ausstrahlt, ist beeindruckend. Die vielen gestalterischen Ideen, die Jan, immer wieder mit einem Augenzwinkern, in den unterschiedlichen Themenbereichen realisiert hat, begeistern mich. Daran ändern auch die ersten Regentropfen nichts, die es geschafft haben sich auf meine Brille und Nase zu setzen.
Unterwegs im zehnten und zwölften Garten, vom experimentellen zum weiße-grauen Garten
Ich bin zwar mit dem Flyer ausgerüstet losgelaufen und fotografiere brav die Nummernschilder, bevor ich einen neuen Gartenteil betrete, aber die vielen Sichtachsen, interessanten Nebengänge, Schlupflöcher von einem Garten in den nächsten, verführen mich schließlich zu einem völlig undisziplinierten Herumspringen von einem Garten zum Nächsten. Ich stecke den “Wanderführer” in die Tasche, gerade als mich ein kurzer Wolkenbruch, natürlich ganz hinten, ereilt. Ich kehre um und laufe in Richtung Garten-Café, kann mir aber doch das eine oder andere Foto nicht verkneifen.
Der abschließende Teil des Wanderführers von “De Luie Tuinman” – “Der faule Gärtner”
16. „Blaue Erfahrungen“ sind im August in diesem Garten, dank einem blauen Meer von blühender Agastache möglich.
17. Das Garten-Sommerhaus ist eine Gärtnerwohnung
18. Birken-Platz, aufgeastete Birken, quadratisch gepflanzt, werden von mäandernden Stauden durchzogen.
19. Der Gemüse-Garten hat seinen Platz an der wärmsten Stelle. Es gibt dort Beete um Gemüse zum Essen und als Dekoration zu gewinnen.
20. Haselnuss-Allee
21. Gräser Spur unter den Eichen
22. Engel, er ist der Schutzengel des kleinsten vorhandenen Gartens
23. Jungle Garten! Großblättrige Pflanzen und Sträucher sollen einen Tunnel im Wald bilden.
24. Tempel Garten
25. Der Blaue Weg
Unterwegs im siebzehnten Garten mit dem Gärtnerhäuschen
Auch wenn es heute keinen durchgehenden geordneten Gartenspaziergang und dank der dunklen Wolken und des Regens auch keine farbigen Hochglanz-Bilder gibt, muss ich Euch trotzdem noch einige Details, wie das Gärtnerhäuschen und den Küchengarten zeigen.
Unterwegs im 19. Garten, dem Gemüsegarten
Der Gemüse-Garten ist an der wärmsten Stelle im Areal platziert. Es gibt dort viel Essbares in den Beeten, einiges dient auch als Dekoration. Dringend brauche ich noch Fotos vom Blauen Band zwischen den jungen Birken, der mächtigen Hosta-Amphore und den Engel im kleinsten Garten möchte ich doch auch noch besuchen. Dann komme ich endlich völlig durchnässt, vorne im Café an.
Nach dem leckeren Kaffee und einigen Keksen von Nicolette, Jans fürsorglicher Gattin, beschließe ich, meine vielen Eindrücke nicht mit einer weiteren Runde zu verwischen, sondern Euch heute lediglich einen ersten Eindruck der verschiedenartigen Habitate zu zeigen. Ich möchte wiederkommen, um Euch dann einen sonnigen “systematischen Gartenrundgang” anzubieten, bei dem gerade die Lichtungen und die filigranen Unterpflanzungen in den Wäldchen im Gegenlicht perfekt zur Geltung kommen.
Heute ist mir nicht nach einer durchnummerierten Gartenführung. Dafür sind die Fotos leider zu duster, das wird diesem großartigen Garten einfach nicht gerecht. Aber Ihr müsst Euch bitte vorstellen, es war ziemlich dunkel und ich war häufig unter Bäumen unterwegs und… ganz ehrlich, als der Wolkenbruch dann losging und ich noch tapfer weiter fotografierte, wurde es auch nicht heller. Ich hoffe, Ihr habt Verständnis und könnt die Haken, die ich ab der Hälfte in den Bildern geschlagen habe, nachvollziehen. Mea culpa!
Nach dem Kaffeetrinken im überdachten Teil des gemütlichen Gartencafés bummelte ich mit Erna durch die verschiedenen Ausstellungs- und Verkaufs-Räume. Die Fläche, mit einer Auswahl selbst angebauter Pflanzen (es gibt mehr als 200 verschiedene Verkaufssorten), überquerten wir dank des Starkregens im Galopp, um dann auf der Veranda noch ein Rendezvous mit “De Luie Tuinman”, mit Jan Nauta wahrzunehmen.
Erna de Wolff erstellte dort das Video für Euch, in welchem Ihr Jan kennenlernen könnt. Also Ton laut und auf das Bild geklickt und schon wisst Ihr, wie ein fauler Gärtner, der in der Realität alles andere als faul ist, aussieht. Er war sogar so fleißig, für Euch deutsch zu sprechen.
Vielen Dank liebe Nicolette und lieber Jan Nauta für Eure Gastfreundschaft und die Erlaubnis über Eure fünfundzwanzig Teil-Gärten zu berichten. Wir werden gerne wiederkommen, dann aber bei strahlendem Sonnenschein.
„De Luie Tuinman“ – „Der faule Gärtner“
Jan und Nicolette Nauta
NL – 7963 PG Ruinen, Gijsselterweg 29
Provinz Drenthe, Niederlande
Kontaktdaten
Jan & Nicolette Nauta
+31 (0) 6 20491062 – +31 (0) 6 42091364
deluietuinman@gmail.com
www.deluietuinman.nl
Besuchsregelung
Von Mitte März bis Anfang Oktober, täglich von 10 – 17 Uhr.
Gruppen von mehr als 10 Personen nach Anmeldung per E-Mail. Hunde erlaubt.
Eintritt siehe unsere Website.
4 Kommentare
Wie schade, dass ihr so schlechtes Wetter hattet, aber die Fotos lassen erahnen, wie schön der Garten bei Sonnenschein ist. Der Wanderführer klingt spannend und macht sehr neugierig.
Was für ein sympathischer Gärtner! Dankeschön für das Video – ich liebe den holländischen Akzent.
Liebe Grüße
Susanna
Interessant, vielfältig, ideenreich und wunderschön. Aber für “Faule” ??? Das kann ich nicht glauben…..
Nein, natürlich ist ein Garten, der ein Spektrum für 25 Gärten beinhaltet nicht mit Faulheit zu bewältigen. Aber mit dem Wissen um “right plant – right place” und der Einteilung, welche Arbeit bei welchem Wetter Sinn macht, spart man sich soviel Zeit, dass man den Garten dann eben auch genießen kann. LG Wurzerl
Das sieht in der Tat so aus, als würde man mit Faulheit da nicht weit kommen. So riesig, kleinteilig und mit vielen nicht winterharten bepflanzt – das muss viel Arbeit machen.
VG
Elke