Botanischer Garten in Santo Domingo

In der Dominikanischen Republik gibt es ein Sprichwort:

“Wenn auf der Insel nichts mehr blüht, dann ist Navidad (Weihnachten)”!

vrschiedenfarbige Hibiscus rosa-sinensis, Collage

Nun sitze ich also im Flugzeug, fliege in Richtung Karibik und frage mich, ob es wirklich eine gute Idee sei, wenn ein Pflanzen-Freak wie ich, gerade jetzt  vor Weihnachten in die Dominikanische Republik fliegt? Die Antwort auf meine Frage finde ich sehr schnell im Botanischen Garten von Santo Domingo.

“Jardín Botánico Nacional Dr. Rafael Ma. Moscoso, Av. Repùblica de Argentina, Santo Domingo” steht auf einem riesengroßen Plakat neben dem Eingang und darunter: “Ausstellungen und Gärten: Bromelien-Garten, Orchideen-Garten, Farn-Garten, Japanischer Garten, Medizinpflanzen, Kakteen- u.a. Sukkulenten, Palmen-Garten, endemische Pflanzen, Wasser-Garten, Rosen und Arboretum.” Hier bin ich richtig! Man spürt förmlich den nationalen Stolz der Dominikaner auf diesen Botanischen Garten und als ich ihn durchstreife, kann ich nur sagen, zu Recht.

Im Eingangsbereich des Botanischen Gartens

Eingangsbereich des Botanischen Gartens Santo Domingo

Der Namensgeber, Dr. Rafael Ma. Moscoso, war ein bedeutender dominikanischer Botaniker, der die Flora der Insel Hispaniola katalogisiert hatte. So wurde der Park 1976 zu seinem Andenken im Nordwesten Santo Domingos eröffnet. Der Botanische Garten ist mit seinen 180 ha für die ca. 4 Mio. Einwohner der Hauptstadt eine wichtige grüne Lunge.

Bougainvillea und Euphorbia milii, Christusdorn, im Eingangsbereich des Botanischen Gartens von Santo Domingo

Sobald man das Eingangstor durchschreitet ist man in einer anderen Welt angekommen. Ein formal angelegter Platz, genannt “Plaza Central”, aus dem die überbordende exotische Flora förmlich heraus quillt, öffnet sich dem Besucher, sobald er dieses großzügig angelegte Areal betritt. Wem es zu heiß ist, der kann bereits hier am Eingangs-Platz in einen kleinen Touristen-Zug einsteigen.

Etlingera elatior, Fackel-Ingwer im Botanischen Garten Santo Domingo
Etlingera elatior, Fackel-Ingwer

Mit ungefähr 8 000 Pflanzenarten ist die Flora in der Dominikanischen Republik sehr vielfältig. Auf der Insel Hispaniola finden sich exquisite tropische Gehölze, ca. 300 verschiedene Orchideen-Arten, Bromelien, Schlingpflanzen, Kakteen und Sukkulenten. Der Garten beherbergt neben den heimischen (Schwerpunkt: Endemiten) auch zahlreiche Pflanzen anderer Erdteile. Der ursprünglich aus Südostasien stammende Fackel-Ingwer (Etlingera elatior) kann mit bis zu 25 cm großen Blüten aufwarten. Auffällige rote Blüten sind bei den Dominikanern sehr beliebt, sehr zur Freude der Kolibris, für die rote Blüten eine Signalfarbe zum Anfliegen darstellen. 

Die Plaza Central ist auch mit wunderschönen Wasserlandschaften zusätzlich zur strengen Pflasterung  strukturiert gestaltet. Ein dunkler Rahmen aus Palmen und Mahagoni-Bäumen lässt die exotischen Blüten rund um den Platz noch intensiver aufleuchten. Im Wasser tummeln sich Fische, aber mein Haupt-Augenmerk liegt auf den mächtigen Pflanzen, die aus dem Wasser ragen und da vor allem auf den Riesen-Büscheln von Papyrus (Cyperus papyrus). Am schönsten sind für mich die tropischen Seerosen, vor allem die Blauen haben es mir sehr angetan. Wie ich eingangs schon aufzählte, gibt es verschiedene Vegetations-Bereiche. Die meisten gruppieren sich um die 20 m breite kreisrunde Blumen-Uhr im Zentrum des Gartens. Mit 3.5 m Höhe und 5 m Zeiger-Länge ist sie bestimmt eine der größten Blumen-Uhren auf der Welt.

Durch die Gran Cañadas zum Orchideen-Garten

Urwaldfeeling im Botanischen Garten von Santo Domingo

Da es heiß geworden ist, gehe ich durch die Gran Cañadas (große Wasser-Schlucht). Der dort befindliche Fluss schafft ein Klima, wie man es normalerweise in den tropischen Regenwäldern findet. Was ich hier sehe, erzeugt ein vorfühlendes Urwald-Feeling in mir, das sich bei späteren Ausflügen ins Landesinnere bestätigt sieht.

Am Ende der Gran Cañadas geht es nach oben. Am Hang befindet sich der Farn-Garten. Es gibt eine Menge davon zu sehen, die einen wachsen terrestrisch in der Erde, aber es sind auch viele Epiphyten in luftiger Höhe zu bestaunen. Dazu gesellen sich Baumfarne (Cyathea), die zwar nicht aus der Karibik stammen, aber als Regenwald-Bewohner gut hierher passen. Ein epiphytischer Farn aus der Gattung der Geweihfarne (Platycerium) hat sich oben rechts mit Hilfe eines weiteren Farnes eine richtig elegante Schleppe zugelegt.

Im oberen Teil des Hanges ist es wieder heller und sonniger, dort fühlen sich die Bromelien wohl. Auch sie haben das gleiche Wuchs-Verhalten wie die Farne. Es gibt große Gruppen am Boden zu sehen, aber auch die Aufsitzer-Pflanzen, die sich an Bäumen festhalten. Die Blüh-Zeit der Bromelien ist längst vorbei. Trotzdem gibt es auch hier Nachzügler, wie diese Aechmea mexicana, deren wassergefüllte Blatt-Trichter in der Heimat, genau wie andere Trichter-Bromelien, eine begehrte Wohnung für Pfeilgift-Frösche darstellen. Apropos “Gift” – die Entscheidung in die Dominikanische Republik zu fliegen wurde mir durch den Hinweis, dass es auf der Insel keine Giftschlangen gibt, sehr erleichtert!

Heliconia rostrata, Hummerschere, im Botanischen Garten von Santo Domingo
Heliconia rostrata, hängende Hummerschere

Kaum habe ich die Gran Cañadas  verlassen, wird es wieder bunt. Hier sind Pflanzen zu bewundern, die bei den Dominikanern besonders beliebt sind und gerne kultiviert werden. Heliconia rostrata, die auch gerne despektierlich “Hängende Hummerschere” genannt wird, wird von Kolibris genauso häufig angeflogen wie Hibiskus in rot oder orange. Reizvoll ist es auch bekannte Pflanzen zu entdecken, wie diesen vanillegelben Oleander (Nerium oleander), den man doch mehr mit pink- oder rosafarbenen Blüten kennt.

Plötzlich stehe ich vor einem abgeschlossenen Bereich – dem Orchideen-Garten. Ich bezahle einen weiteren Obolus, bin dann aber etwas enttäuscht, als ich eintrete. Hier habe ich mir mehr erwartet! Nein, die Orchideen blühen jetzt schon zahlreich, aber die meisten stehen in Plastik-Töpfen am Boden oder auf Tischen. Diese Mehrfach-Hybride (wahrscheinlich Brassolaeliocattleya BLC) würde doch ganz anders wirken, wenn sie in Augenhöhe am Stamm einer Palme sitzen dürfte.

Ascocenda 'Yip Sum Wah'
Ascocenda ‘Yip Sum Wah’

Die Ascocenda ‘Yip Sum Wah’ Hybride hat so lange Luftwurzeln, die kann man Gott sei Dank nicht in ein Töpfchen pressen. Die eigentliche Enttäuschung ist für mich aber diese Ansammlung an Schau-Hybriden und das Fehlen typischer einheimischer Orchideen-Arten, von denen es immerhin um die 300 verschiedene auf der Insel gibt.

Orchideen - Collage

Im Japanischen Garten

Torii, japanisches Glückstor am Eingang des Japanischen Gartens, Botanischer Garten Santo Domingo

Als ich weitergehe sehe ich plötzlich ein zinnoberrotes Japanisches Glückstor, ein Torii ( 鳥居 ). Dieses Element der traditionellen japanischen Architektur markiert normalerweise den Übergang von profan zu sakral und wurde früher hauptsächlich vor Shintō-Bauwerken platziert. Ich bin also im “Japanischen Garten” angekommen.

Es  wirkt in der Tat alles sehr japanisch, man kann sich absolut einfangen lassen von einer meditativen Stimmung. Trotzdem wandere ich mit einem amüsierten Lächeln durch diesen Zen-Garten mit einem deutlichen Hauch von Karibik. Denn natürlich ist die Pflanzen-Auswahl dem Klima geschuldet. Japan erstreckt sich zwar weit von Nord nach Süd, von kühl-gemäßigtem Klima im Norden bis hin zu subtropischer Witterung im Süden, aber überall gibt es reichlich Niederschläge und Feuchtigkeit. Das ist hier eben nicht der Fall. Also ist die lange immergrüne Hecke, die den Weg im Garten flankiert, aus Ixora coccinea, die trivial auch Dschungel-Flamme genannt wird, gepflanzt worden. Sie ist nicht zu bändigen, überall spitzen die signalroten Blüten aus der geschnittenen Hecke hervor.

"Kasuga", japanische Steinlaterne, im Japanischen Garten von Santo Domingo
Kasuga, japanische Steinlaterne

Natürlich ist auch die Tierwelt hier eine andere, anstatt das Konzert eines Japanbuschsängers, auch Japanische Nachtigall genannt, zu hören, schwirren mir hier die Kolibris um die Nase, was mir einen Heiden-Spaß macht. Ich bin wirklich ein “Dipferlscheißer”, denke ich noch sehr “unbrav” auf bayrisch! Denn die Zutaten des Japangartens sind trotz allem mehr als stimmig. “Kasuga” nennen sich diese japanischen Steinlaternen. Auch sie waren ursprünglich lediglich im religiösen Bereich verwendet worden. Ab dem 16. Jahrhundert begannen dann berühmte Teemeister sie als Dekoration in ihren Tee-Gärten aufzustellen. So wurden sie mit der Zeit zu einem festen Bestandteil japanischer Gärten.

Im Japanischen Garten, Botanischer Garten Santo Domingo

Auch die zum Teil als Groß-Bonsai oder Wolkenbaum geschnittenen Bäume wirken sehr authentisch. Es finden sich immer wieder reizvolle Ecken und natürlich das wichtigste in einem sehr großen japanischen Garten – das Wasser!

Ein idyllisch angelegter großer See von olivgrüner Farbe liegt vor mir. Typische versetzte Stege laden ein, auf die Insel und drüben an das andere Ufer zu wandern. Schmucke rote Bogenbrücken, Ruheplätze und Grün, soweit das Auge reicht. “Herz was willst Du mehr!” Steingruppen sind gefällig am Ufer platziert, sorgfältig ausgesucht wirkt jeder für sich wie ein überdimensionaler “Hand-Schmeichler”. Mit jedem Meter, den ich vorwärts gehe oder mich umblicke, ändert sich das Bild. Hier blitzt wieder eine der schönen roten, dekorativen Brücken hinter einem Baum hervor.

Wolkenbäume im Japanischen Garten, Botanischer Garten Santo Domingo

Gruppen von Wolkenbäumen beleben die Uferseiten. In ihrer Vielfalt erzeugen sie einen spannenden Kontrast zu den Bäumen, deren Habitus nicht berührt wurde. Großartig finde ich auch die Farbe des Wassers, die sich harmonisch in diese gewollte Landschaft einfügt. Blaues Wasser, in welchem sich der Karibik-Himmel spiegelt? Für mich hier an diesem Ort undenkbar!

Plumeria obtusa, Frangipani, Japanischer Garten, im Botanischen Garten von Santo Domingo
Plumeria obtusa, Frangipani

Die Plumeria obtusa, auch Tempelbaum genannt, hat in Mittel- und Südamerika ein Heimspiel. Sie ist vielleicht unter der Bezeichnung “Frangipani” noch bekannter. Dieser Name geht auf das italienische Adelsgeschlecht zurück, das vom 11. -13. Jahrhundert zu den mächtigsten in Rom gehörte. Die Frangipanis sollen im 16. Jahrhundert ein Parfüm hergestellt haben, welches dem Duft der Plumeria sehr ähnelte. Ich finde die Mär netter, dass sich einer der Grafen stets Frangipani-Blüten in seine Handschuhe gesteckt hat, um diese damit zu parfümieren. Und am besten ist, dass sie jetzt direkt neben mir steht und ich nur meine Nase hineinhalten muss – ups, hatschi!!!

Vom Sukkulentengarten zurück zum Ausgang

Es gäbe noch so viel zu sehen, aber es besteht keine Chance das alles auch nur halbwegs hinzubekommen. Darum gehe ich am Ende des Sees wieder in Richtung Torii, um noch weitere Teile des Botanischen Gartens kennen zu lernen. Ich werfe noch einen letzten Blick zurück und gehe sinnierend weiter. Alles was ich hier betrachten darf, werde ich nur einmal im Leben sehen, darum  muss ich es mit allen Sinnen aufnehmen und abspeichern.

Bauhinia blakeana, Orchideenbaum, Botanischer Garten Santo Domingo

Während ich an einer Bauhinia blakeana vorbeischlendere, die auch oft als Orchideenbaum bezeichnet wird, grüble ich darüber nach, warum ich so fasziniert bin von diesem Botanischen Garten? Die Lösung fällt mir dann auch schon im nächsten Moment ein. Es ist die schlichte Tatsache, dass es hier keine Gewächshäuser gibt. Die Orchideen und Bromelien hängen einfach in den Bäumen und lassen sich von Kolibris und großen exotischen Schmetterlingen bestäuben. Empfindliche Exoten-Pflanzen, die wir nur mit Hilfe teurer Glashaus-Technik am Leben erhalten können, die wachsen hier mit gigantischen Größen-Unterschieden, während sie bei uns vor sich hinkümmern.

Inzwischen stehe ich im Sukkulenten-Garten. Großartig und stolz recken sich diese Agaven (Agave americana) in den Himmel. Von dort gehe ich weiter in Richtung Palmen-Garten. Aber da ist schon wieder ein rotes “Stopp-Schild” in Form einer lodernden Blüten-Fackel der Dschungelkönigin. Alpinia purpurata ssp. purpurata heißt die Schönheit mit botanischem Namen. Wir nennen sie auch den “Roten Ingwer”, weil die Gattung Alpinia einige Arten aufweist, die als Nutzpflanzen dienen und das Ingwer-Gewürz liefern. 

Palmenhain des Botanischen Gartens Santo Domingo

Durch das Herbolario, den Kräutergarten, laufe ich schon etwas abgestumpft. Die Hitze macht müde! Auch den riesigen Palmen-Wald, wo Palmen aus der ganzen Welt gesammelt werden, streife ich nur am Rande, obwohl ich ein ausgemachter Palmen-Fan bin. Aber 300.000 qm Palmen, jetzt noch? Nein, sorry und weil ich schon beim Geständnis machen bin, auch die 10.000 qm Arboretum lasse ich einfach links liegen. Lieber werfe ich noch einen Blick in den Bereich der endemischen Pflanzen der Insel, von denen viele vom Aussterben bedroht sind. Aber das kenne ich auch aus Deutschland und dem Rest der Welt, also gehe ich weiter.

Crescentia alata im Nutzpflanzen-Bereich des Botanischen Gartens von Santo Domingo
Crescentia alata, Mexikanische Kalebasse

Meine Neugier wird noch einmal im Nutzpflanzen-Bereich wach gekitzelt. Es gibt so interessante Bäume da zu sehen, die ich nicht kenne. Also muss ich meinen Foto-Apparat noch einmal bemühen. Ok, ich habe das als Crescentia alata identifiziert. Das sagt mir erst einmal nicht viel, aber mit dem Begriff “Mexikanische Kalebasse” kann ich dann schon etwas anfangen. Auf dem letzten Bild ist noch Morinda citrifolia, der Nonibaum, zu sehen. Aus den Noni-Früchten wird ein Saft gewonnen, der als Gesundheitsprodukt aufwendig vermarktet wird, allerdings ist die Wirkung desselben sehr umstritten.

Morinda citrifolia, Nonibaum, Nutzpflanzenbereich Botanischer Garten Santo Domingo
Morinda citrifolia, Nonibaum

Ich hatte irgendwo gelesen, dass etwa 40 % des Botanischen Gartens in Santo Domingo nicht allein der Pflanzenwelt gewidmet sind, sondern diese Flächen als Tierreservat und Naturschutzgebiet fungieren, in dem einige Wildtierarten ein Rückzugsgebiet gefunden haben. So ruhig dasitzende Kolibris darf man sich auch nur in solchen Publikums leeren Ecken vorstellen.

Kolibri

Wie war das noch gleich mit dem Spruch der Dominikaner? “Wenn auf der Insel nichts mehr blüht, dann ist Weihnachten”! Ich war am 20. Dezember im Botanischen Garten – Weihnachten ist nicht mehr weit – aber der Besuch dieses Gartens in dem ich auch wirklich mit Abstand die meisten Blüten in der Dominikanischen Republik gesehen habe, war für mich schon wie Weihnachten!

Aber jetzt hatte ich nur noch den einen Wunsch, mich in mein kühles Hotelzimmer zurückzuziehen und später im Pool zu erfrischen.

Was ich noch alles in der Dominikanischen Republik erleben durfte, das berichte ich dann in der Sparte: “Natur und Kultur abseits der Gärten.”

 Jardín Botánico Nacional, Av. República de Colombia, Esq. Av. Los Próceres, en los Jardines del Norte, Sector Altos de Galá, Santo Domingo, Distrito Nacional
Tel. 809-385-2611 Ext. 221 Email: jardinbotanico@jbn.gob.do Web: jbn.gob.do

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