Ankommen
Vreden, im westlichen Münsterland, liegt im Nordwesten von Nordrhein-Westfalen. Die Stadt selbst beschreibt sich als eine Mischung zwischen Moderne und Tradition. Auf jeden Fall gibt es einige spezielle Merkmale, so zum Beispiel das erste deutsche Scherenschnittmuseum, eine 32.5 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit den Niederlanden und das Attribut, die erste Fair-Trade-Stadt im Münsterland gewesen zu sein.
Ich halte mich, wie meistens, nicht im Innenbereich der Stadt auf, sondern bin unterwegs zu Anneliese Kisfeld, die mit ihrer Familie im ländlichen Randbereich lebt und dort ihren schönen Garten genießt.
Unterwegs bin ich wieder mit einigen Garten-Freunden aus der Traumgarten-Gruppe. Wir waren ja erst wenige Stunden zuvor im Garten von Hildegard Rave, die mir freundlicherweise meinen bei ihr vergessenen Fotoapparat nach Vreden gebracht hat.
Großzügig gebaut ist die Einfahrt in den ehemaligen landwirtschaftlichen Hof. Der Garten misst stattliche 1800 qm. Schon im Entré merkt man, dass Anneliese alte Gebrauchsgegenstände genauso liebt, wie Stauden, die unbedingt einen „ländlichen Charme“ besitzen müssen, um hier einziehen zu dürfen.
Rund um das Haus befinden sich fast ausschließlich sonnige Gartenteile. Wenn die Hecken den Blick nach draußen erlauben, sieht man auf das Maisfeld. Viele Gartendetails sind von den Besitzern “geselbert” worden. Das beginnt mit dem Mauern aus alten Ziegeln, um Sitzplätze, Ruinen und Dekorationsrahmen zu kreieren, über Stein-Arbeiten, um aus Einzelstücken z.B. einen verwunschenen, antik wirkenden Stein-Brunnen zu schaffen, bis hin zu Holz-Arbeiten, wie der neuen Abdeckung eines alten Nähmaschinen-Tischchens. Mit passenden Pflanzen, der gemauerte Sitzplatz wird von Rispen-Hortensien eingerahmt, oder zwei Hostas ‚Allegan Fog‘ die in hohen Amphoren das Nähmaschinen-Tischchen flankieren, ist alles stimmig im Garten integriert.
Als Anneliese und Gregor vor 30 Jahren dieses Anwesen gekauft haben, standen hier nur das Haus und ein Schuppen. Zunächst wurde das bäuerliche Anwesen umgebaut, der Garten kam etwas später. Blumen gab es hier immer und einen kleinen Gemüsegarten legte Anneliese auch an. Dann kamen die 4 Kinder, für die Mama war das natürlich ein Fulltime-Job. Als sie größer waren, blieb ihr wieder mehr Zeit für den geliebten Garten.
Im Garten unterwegs
Das Anwesen ist nur ca. 5 km von der niederländischen Grenze entfernt. So lag es nahe, die ersten Gartenerkundungen in das Nachbarland zu unternehmen. Dabei lernte sie die naturnahen Gartengestaltungen Piet Oudolfs kennen, was bei Anneliese endgültig zur Infizierung mit dem Gartenvirus führte. So finden sich rund um das Haus einige stark strukturierte Beete, zum Beispiel der Gemüsegarten, aber noch mehr die Großzügigkeit der locker verwendeten Stauden, die sich, kaum gezähmt, nach Lust und Laune ausbreiten dürfen.
Anneliese schätzt Stauden wie Allium, Frauenmantel, Akelei, Iris und Katzenminze. Alles was sich wohlfühlt, darf sich auch gerne aussäen und Anneliese mit immer neuen Blumenbildern überraschen. So findet der Garten insgesamt zu einer gesunden Balance von Natürlichkeit und behutsamen Eingreifen, damit die Gartenstruktur mit persönlicher Handschrift versehen, gewahrt bleibt.
Geranium und Hostas sind Lieblingsgattungen im Garten Kisfeld, letztere zählen inzwischen wohl um die 200 verschiedene Sorten. Ihren Rosen-Ramblern, den Alten Rosen und den Duftrosen gehört Annelieses besondere Aufmerksamkeit, sie wachsen überall im Sonnenbereich.
Plötzlich ändern sich die Lichtverhältnisse total und damit auch die Wirkung, die der Garten auf die Stimmung des Betrachters ausübt.
Waldbaden
Ich bin im Waldgarten angekommen. Gregor Kisfeld bepflanzte, zusammen mit seinem Vater, seinerzeit ein großes Gartenstück mit Thuja plicata, dem Riesen-Lebensbaum. Durch das Aufasten der Bäume wurde der Lichteinfall zumindest so weit möglich, dass sich Schattenpflanzen in diesem Areal gut halten können.
Der Waldgarten ist mit einem derartigen Fingerspitzengefühl angelegt, was die Zwischenräume der einzelnen Bäume angeht und das Entfernen der unteren Astbereiche, dass sich ein wunderbarer grüner Teppich rund um die Baumscheiben legt. Ausgefallenere Stauden wie Hosta ‘Paul’s Glory’ beschränken sich dabei auf die Bereiche, die etwa rund um die Ruine „angelegt“ wurden.
Der Hackschnitzelweg wirkt sehr stimmig in dieser Waldkulisse. Er diszipliniert mich, doch auf dem Weg zu bleiben, hindert mich aber nicht daran, mich einfach nur treiben zu lassen und kreuz und quer diesen magischen Gartenteil zu erkunden. Ich suche unwillkürlich nach Zwergen, kleinen Waldfeen und würde mich nicht wundern, wenn aus einem der Baumstümpfe plötzlich die Knopfaugen eines Füchsleins auftauchen würde.
Auch im Waldgarten fanden alte Ziegel eine neue Heimat als Ruine, oder gemauerte Gartenabschlüsse. Sitzgelegenheiten aus rustikal bearbeitetem Holz, dazu wieder eine Auswahl an Dekorations-Oldies, die auf den Punkt passen und natürlich die gekonnte Pflanzen-Auswahl unter den Gehölzen, alles trägt zur besonderen Stimmung bei. Nein, ich möchte gar nicht wieder hinaus in den Sonnengarten. Bleiben, träumen, schauen, weiterträumen, bleiben …
Vor geraumer Zeit ergatterte Familie Kisfeld 20 alte Metallrahmen-Fenster, sie bieten wunderbare Ein- und Ausblicke und sind darum hauptsächlich in den Bereichen der Ruine und Klinkermauern verbaut worden.
Immer wieder klebe ich mit der Nase am Boden, um mir die filigranen Bodendecker zu betrachten, oder ich schaue durch die Baumstämme hindurch zur Ruine oder den Mauern mit den Licht-Öffnungen. Ja, ich gestehe freimütig, ich laufe so gebannt durch diesen Märchenwald, dass ich erst zuhause auf den Fotos registriere, dass die Stämme alle aufgeastet sind, um ja keine düstere Stimmung aufkommen zu lassen.
Scherenschnittartige Rostdekorationen in der Hecke und vor dem Zaun beschäftigen mich so sehr, dass ich gar nicht merke, dass ich plötzlich vor der Treppe stehe, die mich aus dem Wald hinaus zurück in den Hausgarten bringt.
Schließlich reiße ich mich los, ich werde schon im Eingangsbereich erwartet. Wir haben ja noch ein weiteres Date mit Beate Höing. Als ich mich oben noch einmal umdrehe, sehe ich, dass die Mono-Pflanzung mit den Thuja plicata sehr zum besonderen Charakter des Waldstückes beiträgt.
Abschied
Die abgrenzende Mauer oben an der Treppe bietet wieder vielen Hostas Platz, erkennbar sind Hosta ‚June Fever‘ und Hosta ‚Pin-Up‘.
So laufe ich einfach weiter zum Mauer-Durchgang und schon kitzeln mich die ersten Sonnenstrahlen wach. Die einzige Frage, die ich mir stelle, bevor ich mich zu meinen Gartenfreund*innen geselle ist, ob ich überhaupt aus diesem Traum vom Märchenwald aufwachen möchte?
Das heutige Video stammt von: „Lokalzeit Münsterland“ und ich habe die Erlaubnis bekommen, es anstatt dem geselberten Video von Anneliese und ihrem Mann zu zeigen. Macht also bitte den Ton laut und begleitet Anneliese und Gregor gerne in ihren verwunschenen Waldgarten.
Liebe Anneliese, ich danke Dir ganz herzlich für Deine Gastfreundschaft und dass Du Deinen wunderschönen Garten auch für weitere Gartenfreunde öffnest.
Garten Anneliese Kisfeld
PLZ 48691 Vreden, Ammeloe 71
Anfragen zur Offenen Gartentür können an anneliese-kisfeld@t-online.de gestellt werden oder in der Broschüre: www.offene-gaerten-westfalen.de online eingesehen werden. Anneliese öffnet ihren Garten für Besucher am 8.6.23, 10.6.23 und 11.6.23, danach auch am 17.6.23 und 18.6.2023 jeweils von 11 Uhr bis 18 Uhr.
24 Kommentare
Renate einen wunderschönen Garten hast du vorgestellt. Da bekommt man Lust sich ihn anzuschauen. Danke für deine Mühe und Arbeit.
Sehr gerne liebe Gertrud, Ihr habt ja auch alle viel Arbeit und Mühe, bis ich dann so ein tolles Ergebnis präsentieren darf, also muss ich mich da schon auch etwas reinhängen, um Euren Gärten gerecht zu werden. LG und schönes Wochenende. Wurzerl
Ach du meine Güte ist das schön. Da könnte ich sofort eintauchen und bleiben. Bin hin und weg.
Ja, war echt schade, dass Du nicht dabei warst. Aber, was nicht ist, kann ja noch werden. LG und schönes Wochenende Wurzerl
Oja wunderschön und unvergessen der Besuch im mystischen Waldgarten. Herrlich eingefangen in deinen Fotos, ein Genuss. Liebe Grüße Martina
Freut mich unendlich liebe Martina, dass ich die mystische Stimmung des Gartens für Dich spürbar wiedergeben konnte. Schönes WoE und LG Wurzerl
Danke Renate für den tollen Bericht eines Traumgartens und die liebevolle Beschreibung meiner Heimatstadt.
Oh, liebe Irmgard, da hast Du Dir aber wirklich eine schöne Stadt für Deinen Start ausgesucht. Kein Wunder, dass es Dich immer mal wieder in diese Ecke zieht. LG und schönes Wochenende Wurzerl
Der Waldgarten liebe Renate hat wirklich was Besonderes.Ich kann mir gut vorstellen das es toll sein muss von der Sonne in diesen Bereich zu gehen. Mit allen Sinnen wird es erfahren. Danke und wieder Mal sehr schön beschrieben. Ich konnte mich einfühlen. Liebe Grüße Karin
Es sind ja meist die Kontraste liebe Karin, die einen Garten interessant machen. Wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Danke Renate für diesen schönen Rundgang.
Der Garten ist wunderschön. Gerade das Waldstück erinnert mich an unser Grundstück.
Sehr gerne liebe Andrea, schönes Wochenende für Dich und LG Wurzerl
Wie schön, wenn man so viel Platz und sowohl einen sonnigen als auch einen schattigen Garten hat! Mir gefällt besonders, wie die Backsteinmauern des Hauses von den Mauern und Mauerfragmenten im Garten aufgenommen werden. Zusammen mit hölzernen Dekorationen eine stimmige Sache, die sich durchzieht und verschiedene Bereiche vereint.
Liebe Grüße
Susanna
Ja, es ist nichts so leicht und schwer zugleich, als eine stimmige Harmonie in einem Garten herbeizuführen. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende. LG Wurzerl
Liebe Renate, das hast du ganz wunderbar beschrieben. Der Waldgarten ist wirklich eine Welt für sich. Besonders wenn es so heisst ist wie an dem Tag. Dann möchte man den garnicht mehr verlassen. Es gibt aber auch so viel zu entdecken. Und besonders die historischen Baumaterialien haben es auch mir angetan. Ein Traumgartner und danke an euch beiden für diesen tollen Bericht.
Danke liebe Beate, jeder Garten hat ja etwas besonderes, so wie auch die Gartenmenschen, die den Garten anlegen. Manchmal findet man es nicht gleich, aber meist glückt es mir. Ich freu mich schon auf nächste Woche und hoffe, Du bist auch mit dem nächsten Garten zufrieden. LG Wurzerl
Liebe Renate!
Du hast wieder wunderbar diesen einzigartigen Garten vorgestellt.
Es war schön, wieder in den Garten einzutauchen.
Ich war und bin verzaubert!
Danke, schönen Sonntag für Dich. LG Wurzerl
Hallo Renate,
Aufasten ist ein wirklich guter Trick, um mehr Licht herein zu bringen. Und der Mittagshitze kann man trotzdem noch entfliehen.
VG
Elke
Den Garten vin Anneliese und Gregor habe ich auch schon besucht und ich muß sagen,die Stimmung ,die du auf den Bildern vermittelst,ist in Wirklichkeit noch schöner und geheimnisvoller.Ich plane,mit der GdS Weser-Ems noch in diesem Jahr diesen schönen Garten nochmals zu besuchen
Dankeschön, liebe Renate, eine wunderbare Gartenreportage, die Spaß auf einen Besuch macht!
Wer weiß….
Sehr gerne liebe Helma, liebe Grüße auch an GG und schönes Wochenende Wurzerl
Wir haben auch einen Garten. Toll zu lesen, dass Hackschnitzel hier auch gut eingesetzt werden können. Dies werde ich ausprobieren.
Die Tipps sind nicht nur inspirierend, sondern auch so umsetzbar. Es zeigt, dass wir die positiven Effekte der Natur direkt vor unserer Haustür erleben können. Ich plane definitiv, einige der Anregungen in meinem Garten umzusetzen. Danke für diese kreative und erfrischende Perspektive!
Grüne Grüße,
Sandra