Ankommen !
„Dag Renate“, so werde ich von Ada und Gertie begrüßt. Miesje, die süße Fellnase, döst gerade in der Nähe des Eingangs, aber immerhin werde ich kurz von ihr fixiert, bevor sie sich wieder auf das Nichtstun konzentriert. Ich bin in Oeding, im Westen der Gemeinde Südlohn, an der deutsch-niederländischen Grenze angekommen.
Schon 1147 existierte Oeding innerhalb der Bauerschaft Nichtern als Hauptort. Im Schutz der Burg entwickelte sich der Ort und unterstand ab 1353 lange dem Fürstbischof von Münster. Nach der Zugehörigkeit zum Fürstentum Salm und dem Französischen Kaiserreich fiel Oeding nach der Napoleonischen Zeit an Preußen.
Ich komme erst im 21. Jhdt. hierher und inzwischen gehört Oeding schon seit langem zum Grenzbereich zwischen Nordrhein-Westfalen und Gelderland. Ada hat mich eingeladen, ihren niederländisch anmutenden Garten für meine Website zu fotografieren. Der Eingangsweg führt an der Straßenseite am gemütlichen Haus mit roten Klinkern erbaut, vorbei. Einmal um die Ecke gelaufen, sehe ich schon einen einladend gedeckten Kaffeetisch. Bei Kaffee kann ich, wie Ihr zur Genüge wisst, nicht widerstehen. Bitte schwarz und ohne Zucker!
Egal, ob ich die Wege entlanglaufe, oder für eine kleine Pause Platz nehme, der Garten stürmt von allen Seiten üppig auf mich ein. Dank der geschickten Staffelung der Gehölze in Zaun-Nähe und der unterschiedlichen, davor gepflanzten Stauden, in abwechslungsreichen Kombinationen, blüht es mich von allen Seiten her an.
Unterwegs im Küchengarten und am Teich
Ich mag den Garten auf Anhieb, vermutlich weil ich auch die beiden Head Gardener Gertie und Ada sofort zu schätzen weiß. Das überbordende Blühen ist so einnehmend, dass ich fast an einer schönen Deko-Ecke mit Steingefäß auf Podest und einem im Shabby-Schick gestrichenen Holzstuhl vorbeilaufe. Ähnlich geht es mir mit einer gemütlichen Efeulaube. Doch sind der helle Steintisch und die Holzbank dahinter letztlich nicht zu übersehen. Das Unterhaltungspotential scheint mir hier groß zu sein. Hinter dem grünen Mäuerchen neigen sich nämlich ein verblühtes Allium, Persicaria amplexicaulis ‘Firetail’, ein Kerzenknöterich, sowie Erigeron annua, das Berufskraut, ziemlich neugierig von ihrer Loge aus in Richtung Sitzplatz.
Ich bin inzwischen die linke Seite ganz nach hinten gegangen und ein Holzzaun, umrankt von Kapuzinerkresse zeigt mir, dass ich mich vor dem Gemüsegarten befinde. Plötzlich stehe ich vor dem Scharr-Gehege der Hühner und schließlich hat sich „Miesje“ herabgelassen, ihre Vorgarten-Meditation abzubrechen und mich ein wenig zu beaufsichtigen. Fasziniert betrachtet die Mieze einige Sempervivum-Rosetten auf lose aufgeschichteten Dachschindeln (Kaiser Karl der Große lässt grüßen).
Aber keine Sorge, sie ist nicht zum Vegetarier mutiert, die Hauswurzen lassen sie genauso kalt wie der Rotkohl, die grünen Stangenbohnen, Endiviensalat, Zuckererbsen, Zwiebeln, Knoblauch, Pastinaken, Feldsalat, Spinat, Rosen- und Grünkohl, oder Rüben, die im Küchengarten zwischen Ringelblumen oder Kapuzinerkresse gut gedeihen. Das alles überlässt „Miesje“ großzügig ihren Dosenöffnern.
Es ist fröhlich bunt mit Dahlia ‘Magenta Star’, Persicaria ‘Rosea’, Rudbeckia ‘Goldsturm’ und vielen anderen Blüten, die viel Farbe in die Umgebung des Küchengartens bringen.
Obwohl meine Augen noch durch den Essgarten schweifen, dreht sich meine Nase immer wieder nach rechts. Was ist das für ein süßer wunderbarer Duft? Na ja, ich lasse die Dahlien alleine weiter ihre Farben-Schau abziehen und drehe mich in Richtung Gartenmitte. Doch schon nach ein paar Metern stehe ich direkt unter dem Duft und bewundere einen Clerodendron trichotomum, den japanischen Losbaum, der unmittelbar vor dem Teich blüht. Es ist sehr reizvoll, dass man das Wasser von hier nicht gleich ganz einsehen kann.
Die Seerose betrachte ich verborgen durch die Zweige, wie seinerzeit in der Bibel die „Alten“ Susanna im Bade belauert haben. Sofort analysiere ich die Lage des Teichs und die Wege, die hier mehr oder weniger in Rasenwege münden. Dazu bewundere ich die Stauden-Inseln, die den mittleren Gartenteil immer wieder überraschend anders optisch präsentieren.
Ich laufe noch ein Stück Weg zwischen Haus und Teich entlang. Die Blätter des Purpurglöckchens, einem Rotschleierfarn und verschiedenen Sauerklees spiegeln die Farbtöne der rotbraunen Klinkermauer wider. Glücksklee kann man immer brauchen!
Das Staudenparadies von Ada mit Rahmen und Pergola
Bevor mich die Stauden-Pflanzungen restlos überrollen, betrachte ich noch eine kleine, messingfarbene Figur „Die Lesende“. Diese aufrecht sitzende, relaxte Skulptur erinnert mich vom Aussehen her tatsächlich an Ada, aber, wenn ich an ihr Temperament denke, kann ich sie mir schlecht, zumindest in dieser Jahreszeit, mit einem Buch in der Hand vorstellen. Inzwischen hat die Sonne den Großteil des Gartens voll im Griff und so braucht die Buch-Leserin die Lichter des Hibiscus trionum, der annuellen Stundenblume, nicht mehr.
Die Figur hat tatsächlich einen exponierten Standort in Teichnähe gefunden. So wird sie gesehen, aber auch sie hat alles im Blick. Egal, ob direkt am Teich der Blutweiderich, Lythrum salicaria, die prachtvollen Blüten der Rispenhortensie, Hydrangea paniculata ‘Lemon Queen’, der aufragenden Roten Melde, oder ein Stück entfernt, auf der anderen Seite des Rasenweges die blaue Aster fricardii ‘Mönch’, die Chrysantheme ‘Apricot’ und das Allium millenium, alles ist im Sichtbereich der Skulptur und natürlich auch in meinem.
Zusammen mit dem Rasen mäandere ich nach hinten in die Garten-Peripherie. Schon aus mehreren, unterschiedlichen Perspektiven habe ich dort etwas interessantes entdeckt. Ein lichtgrüner Holz-Rahmen ist zwischen dem Gehölz-Abschluss des Garten so aufgestellt, dass er die Blüten im Vordergrund voll zur Geltung kommen lässt und zugleich die „geliehene Landschaft“ einfängt und in konzentrierter Form in den Garten holt. Was für ein genialer Schachzug, à la bonne heure, liebe Ada! Wo andere mühsam eine getrimmte Hecke hochziehen, um später ein „Vista“ hineinschneiden zu können, ist hier genauso wie bei den Stauden ein natürlicher Umgang angesagt – und der Holz-Rahmen braucht keinen Pflege-Schnitt.
Ich gehe zurück zum Teich, diesmal aber an das andere Ende, wo mich Ada mit einem Teil der Groß-Familie erwartet. Ein letzter Blick nach hinten in Richtung „Grüner Rahmen“ und ich wende mich dem letzten, dem rechten Garten-Bereich zu. Immer wieder stehe ich vor den überbordenden Stauden, die sich dicht gepflanzt den Platz ab und zu mit Kleingehölzen, meist Hortensien, teilen. Adas Trick ist, dass sie sich nicht exakt an die englische Border-Staffelung, vorne Bodendecker, dann mittelhohe und hinten hohe und Solitärstauden hält.
Für Ada zählen andere Prioritäten. Sie hat ein sehr feines Farbengespür und die lautesten, buntesten Ecken weisen immer noch eine lebhafte Harmonie auf. Auf der rechten Gartenseite werden die Farben etwas pastelliger, das hat mehrere Gründe. Neben den Blüten sind für Ada auch die Blattformen wichtig. Ihr Anspruch ist, ein Beet darf auch dann nicht langweilig sein, wenn es nur Blätter und Samenstände anbietet. Die Staudenbeete versprühen die gleiche gute Laune wie Ada, ja, auch das funktioniert.
Diese nicht durchgestaffelte Staudenordnung wirkt sehr natürlich und die stramm stehenden kugelförmigen Blumen-Eschen, Fraxinus ornus ‘Meczek’ wirken dadurch noch geradliniger, was aber durchaus nicht statisch, sondern interessant wirkt, denn die Linie der drei Eschen deutet lediglich auf die großzügige Pergola mit einem gemütlichen Sitzplatz darin hin. Wie ein grünes Plumeau breitet sich Wisteria floribunda ‘Alba’ über das Pergola-Dach und hebt die strenge Linie der Blumen-Eschen auf.
Als ich kurz in der Pergola am Tisch Platz nehme, genieße ich die letzten bleibenden Eindrücke dieses wunderbaren Gartens. Egal ob ich das Persicaria ‘Fire Tail’ zwischen Nassella ‘Pony Tail’ im Sonnenlicht aufgleißen sehe, oder das Telephium neben der Echinacea ‘White Swan’ eine reiche spätere Blüte verheißt, ich könnte noch lange bleiben. Aber Willemien und Gerrit Graven, im Tuin de Bosuil, erwarten mich in Gelderland. Ihren Garten stellte ich schon vor kurzem in der Sparte „Internationale, weltweite Gärten“ vor.
Auch Ada hat mir einen kleinen Videofilm geschickt. Klickt gerne auf das Bild, Ton laut und los geht’s.
Mir bleibt nur noch Ada und Gertie ein herzliches Dankeschön für ihre Gastfreundschaft zu schreiben. Auch Ihr könnt den Garten und die Gastfreundschaft genießen, entweder mit einer Mailanfrage, oder an den Tagen der Offenen Gartentür, die mir Ada noch für Euch verraten hat.
Öffnungsdaten: 23.4.23 So, 28.5.23 So, 25.6.23 So und 23.7.23. jeweils von 10 Uhr bis 17 Uhr.
Individuelle Anfragen sind auch für Gruppen möglich unter der Tel. Nr. 02863 417681.
Gertie en Ada Leuvenink Garten
Adresse: PLZ 46354 Oeding, Böwingkamp 71,
Kontakt: Ada Leuvenink-dewit, Email: Leuvenink-dewit@hotmail.com
7 Kommentare
Liebe Renate,
was für ein liebevoll gestalteter Garten. Mir gefallen die Lesende und das Fenster zur Außenwelt besonders gut. Aber auch die nicht streng gestaffelten Stauden mag ich: solche Pflanzungen zeigen immer, dass die Regel beherrscht wird – erst dann kann man sie brechen …
Liebe Grüße
Susanna
Yes Susanna, das hast Du perfekt formuliert. LG Wurzerl
Oh der Garten ist wunderschön und so spannend , die angestimmte Deko dazwischen gefällt mir sehr
Alles in allem sehr gelungen
Hallo Renate,
diese beeindruckende Heckenportal, dazu die Katze, da ist man schon ganz angetan. Und dann wird es noch schöner.
VG
Elke
Hallo Renate. Ein toller Bericht über Ada und ihren Garten. Auch wir finden ihn ganz wundervoll, er liegt ja in unserer Nachbargemeinde. Wie frisch alles noch aussieht, es war ja so heiss und trocken, als du uns besucht hast. LG Beate
Ich sichte nächste Woche den Garten von Anneliese und darauf Deinen, jedenfalls auf den Fotos von Hildegards Garten ist überhaupt keine Trockenheit zu spüren. LG Wurzerl
Was für ein toller Garten!